Zitat von Romanus im Beitrag #7Danke für den Link, ich glaube, hier haben wir auch des Rätsels Lösung, ich zitiere aus dem Text unter dem Video:
"The composer revised the work in 1985 and said edition was further corrected in August of 1993; with changes mainly pertaining to dynamics and his personal registration suggestions."
So gesehen gibt es also 2 Versionen, die sich in den Registrierungsanweisungen unterscheiden und jener Herausgeber, der in seine Edition mf geschrieben hat, wollte wohl einen Mittelweg gehen.
Ich glaube auch, dass es eine Erklärung für das Vorliegen von zwei unterschiedlichen Revisionen dieses Stückes gibt, die mit der Orgelbaugeschichte von Messiaen's Orgel in St. Trinité zusammenhängen. Ich habe dazu einerseits nachgeschlagen das Buch von Hermann J. Busch "Zur französischen Orgelmusik des 19. und 20. Jahrhunderts", in dem die Werke Messiaen's einzeln beschrieben sind, und das "Orgelhandbuch Paris" von Barbara Kraus und Andreas Nohr. im Letzteren ist die Disposition 1927 wiedergegeben. Zuvor waren schon zweimal größere Änderungen am Klangbestand vorgenommen worden. 1927 hatte die Orgel ein relativ schmal besetztes Recit Expressif ohne labiale und liguale 16'-Lage, ohne Principale und Mixturen; lediglich die üblichen Flöten 8'-2', Voix humaine 8', Hautbois 8, Trompette 8' und Clairon 4'. Während der Amtszeit von Messiaen kam es dann zu zwei Erweiterungsmaßnahmen: 1934 durch Maison Cavaille-Coll-Pleyel und 1962/66 durch Beuchet-Debierre. Hier wurden 7 bzw. 8 neue Register hinzugefügt. Im Recit waren das Bourdon 16', Nazard 2 2/3', Tierce 1 3/5', Cymbale III (!), Bombarde 16'. Die Inauguration erfolgte durch Messiaen. Messiaen orientierte sich bei seinen Werken immer an dieser Orgel. Meine These ist, das die 2. Ausgabe eine Reaktion auf das deutlich gewachsene Schwellwerk ist, das jetzt im absolut geschlossenen Zustand durch aus in der Lage war, ein pp zu erzeugen, während man zuvor dieses schon etwas geöffnet haben musste.
Wieder etwas gelernt mit den unterschiedlichen dynamischen Angaben und Registrierungen. Das war mir nicht klar, dass er das Stück überarbeitet hat....
Für mich sieht es so aus, dass er in der ersten Version der französischen Tradition folgt, dass die Registrierung (die ja extra angegeben ist) nichts mit dem Schweller zu tun hat. Das ist auch in dieser Registrierung kein pp nach Maßstäben von z.B. Reger. Das pp gibt die Stellung des SW an. Klanglich ist das mit Zungen im SW immer mehr als pp.
Möglicherweise verändert er in späteren Jahren die Angaben mehr zur "realen" Lautstärke". Müsste man schauen, ob es andere Beispiele gibt. Soviel habe ich leider nicht von ihm gespielt.
Das f ist eigentlich keine gute Idee. Was ihn das geritten hat? In den Registrierungen steht in dieser Version > beim Récit, also geschlossen. Traditionell beziehen sich französische Lautstärkeangaben NICHT auf die Registrierung, die gesondert angegeben ist (hier ja schon kräftig), sondern auf die Stellung der Schwellers. Insoweit macht er es in der ersten Ausgabe "richtig" mit pp.
Bei der Ausgabe mit f muss man dann ja auch über 2 Zeilen den Schweller öffnen, bis dann < am Ende der 2. Zeile steht. Das geht natürlich über diese Strecke nur, wenn der vorher geschlossen war, wie eben bei den Registrierungen angegeben. Von f nach ff über 2 Zeilen zu schwellen halte ich für unmöglich.
Grundsätzlich ist die Registrierung im Récit dieselbe. Fonds e anches 16,8,4 beinhaltet ja durch die "anches", die per Kombinationstritt an einer Cavaille-Coll geschaltet werden, durchaus auch Mixturen oder Aliquoten, die auf derselben Lade stehen. Das ist nur ausdifferenziert.
Schwieriger finde ich, dass er sich in der späteren Ausgabe nicht mehr an die traditionellen frz. Ideen der Zungenlade hält, sondern schon in G. und Pos. von Anfang an hohe Stimmen dabei hat, die nachher natürlich nicht mehr für ein cresc. verwendbar sind. Ich würde vermuten, er hat beim Umbau der Orgel nicht nur hohe Stimmen hinzugefügt, sondern auch die jeux de combinaison durch freie Kombinationen ersetzt.
In der 2. Version wird der Gesamtklang neobarocker und die dynamische Bandbreite geringer, was eigentlich schade ist und dem Stück Atmosphäre nimmt, aber seiner Zeit durchaus "in" war.
Vielleicht muss man Komponisten manchmal vor ihren eigenen Ideen schützen.
Ich sehe schon, das Ganze ist recht differenziert zu betrachten und auf keinen Fall sakrosankt. Jedenfalls spannend, die Beiträge zu lesen. Als absoluter Laien-Spieler lernt man da natürlich sehr viel.
Noch zwei Fragen: Bedeutet das "R <", dass auf der Note, auf welcher das "R <" steht, der Schweller bereits ganz offen ist oder dass im Laufe der Note der Schweller nochmal etwas geöffnet werden soll? Und die zweite Frage: Wenn an den Registern was geändert werden soll, steht da "au G: xy". Wenn man zum fffff kommt, steht da aber: "+G en 16 et en 4". Was ist damit gemeint?
Ich glaube ich habe das Stück erstmals 1998 bewusst gehört und war damals immerhin so fasziniert, dass ich wenig später die Noten kaufte (93er Ausgabe). (Mittlerweile halte ich nur noch wenig von dem Stück)
Es ist die hier nochmal zitierte Ausgabe
Die Dynamikstufen sind (vereinfach ohne piu usw.)
f - ff - f - ff - fff - ffff - fff - ffff - fffff - fff - ff - f - mf - p - pp
Daß man die fffff nicht wörtlich nehmen kann, versteht sich von selbst.
Das Original-Manuskript sah so aus:
Ich habe von musescore.com (nicht verwechseln mit musescore.org) einen neuen Satz, der u.a. im Bereich ppp - fff bleibt und so auch von Musescore akzeptiert wird und auch automatisch mit allen Details mit beliebigen Instrumenten (experimentell) gespielt werden kann. Zudem kann ich beliebige Formatierungen vornehmen, z. B. 2 Seiten Querformat. Sehr praktisch.
Hier noch einmal der Meister persönlich in einer alten Aufnahme (von ??). Von der Dynamik ist da nicht viel zu hören.
Zitat von Heidelbaer im Beitrag #14 Noch zwei Fragen: Bedeutet das "R <", dass auf der Note, auf welcher das "R <" steht, der Schweller bereits ganz offen ist oder dass im Laufe der Note der Schweller nochmal etwas geöffnet werden soll?