Hallo zusammen,

ich würde gerne einmal die Frage in den Raum werfen ob sich eurer Meinung nach eine Orgelausbildung lohnt? Ich hatte die Frage jetzt für mich selbst vor einige Zeit mit einem Nein beantwortet. Ich würde gerne meine Entscheidung einmal mit euch teilen, da aus der Gemeindeleitung nach vielen Jahren Orgeldienste die Idee gekommen ist meine Ausbildung zu finanzieren.

Ich selbst spiele ja schon viele Jahre und hatte zwei gute Lehrmeister die mir vieles beigebracht haben. Ich spiele Gottesdienste, Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen und gelegentlich auch einmal auf einem Konzert. Ich mache genau so Literaturspiel wie Improvisationen. Sogar der Regionalbischof hat mich einmal extra gebucht für ein großes Konvent in der Predigerkirche (Erfurt).

Alles in allem hat mich während meinen guten 15 Jahren Orgeleinsatz noch niemals jemand gefragt ob ich es "gelernt" hätte. In der Praxis ist es ja eher so:
Ich: Darf ich mal Orgel spielen
Gemeinde: Klar, hier sind die Lieder für Sonntag.

Das einzige Argument was ich nun für eine Ausbildung gesehen habe, wäre die höhere Bezahlung. Aber ganz ehrlich? Die fünf Euro mehr für ein Jahr Ausbildung ist nun eher lächerlich, mal davon abgesehen dass ich als Küster in der Gemeinde ohnehin einen höheren Stundenlohn habe und der Gottesdienst "Arbeitszeit" ist. Da würde ein D/C/B/A-Schein nun nichts ändern.

Das größte Argument gegen eine Ausbildung ist meiner Meinung nach aber, dass es einem die Freiheit nimmt Nein zu sagen. Es gibt Dinge die mir kein Spaß machen oder worauf ich keine Lust habe. Als Laie kann ich also einfach sagen "Passt nicht, will ich nicht, kann ich nicht". Mit einem Schein in der Tasche sehe ich mich da stark eingeschränkt. Dann wird einfach erwartet es zu machen.

Wie steht ihr dazu, was sind eure Pro und Contras die für oder gegen eine Ausbildung sprechen? Vor allem in Bezug auf Orgelspieler die schon länger im Geschäft sind. Bei einem Schüler der das Orgelspiel lernen will würde ich auch ganz klar zur Ausbildung raten, alleine schon um sich die vielen Umwege zu sparen die wir Laienspieler gelaufen sind.

BTW Ich erinnere mich gerade an einen Sonntag im letzten Jahr. Da waren Organist und Pfarrer krank, da war ich Lektor, Organist und Küster alleine... Da habe ich mir auch gedacht, dass ich zu wenig bezahlt bekomme für das was ich hier tue, vor allem war es ein sportlicher Gottesdienst ständig zwischen den Orten zu pendeln. Aber die Gemeinde hat es mit Humor genommen

Ich habe diese interessante Überlegung zu diesem Thema gefunden: https://rishton.de/ausbildung.pdf Viel Spaß!

oder hier:
Die Geschichte von einem der auszog das Orgeln zu lernen ;-)

Zitat

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... Die Orgel scheint fade, langweilig, rennt dem Trend atemlos hinterher und holt ihn doch nicht ein. Wenn das so wäre, müssten wir unserem Auftraggeber abraten, seinen Sohn Orgelspielen lernen zu lassen, richtig? “

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Also, selbst, wenn ich eine Prüfung hätte: meine Gemeinden würden vermutlich sagen: "Kann schon sein, dass du mehr verlangen darfst.
Sorry, mehr habn wir nicht, entweder du bist mit dem zufrieden oder wir haben halt stille Messen."

Dann allerdings würde ich auch meine Übemöglichkeiten quasi vor der Haustüre verlieren...und das wäre auch nicht so toll..

Zitat von Spiritus boni im Beitrag #4

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Also, selbst, wenn ich eine Prüfung hätte: meine Gemeinden würden vermutlich sagen: "Kann schon sein, dass du mehr verlangen darfst.
Sorry, mehr habn wir nicht, entweder du bist mit dem zufrieden oder wir haben halt stille Messen."

Dann allerdings würde ich auch meine Übemöglichkeiten quasi vor der Haustüre verlieren...und das wäre auch nicht so toll..

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Zitat von Klangpost im Beitrag #1

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....ich würde gerne einmal die Frage in den Raum werfen ob sich eurer Meinung nach eine Orgelausbildung lohnt? ....

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Da stellt sich für mich die Frage: In welcher Hinsicht lohnt sich die Orgelausbildung?

Betrachte ich dies aus dem Einkommenserzielungsaspekt, stellt sich für mich die Frage: als haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit?

In Österreich ist die Anzahl der Pfarren und Klöster, die hauptberufliche A-Kirchenmusiker beschäftigen, wesentlich geringer als in Deutschland, sodass es letztlich nur sehr wenige Pfarren und Klöster mit hauptberuflichen Kirchenmusikern gibt. Entsprechend schlecht sind die Jobchancen als hauptberuflicher Kirchenmusiker.

Meistens ist in Österreich auch für A-Kirchenmusiker nur eine Teilzeitbeschäftigung möglich, sodass die Tätigkeit als Kirchenmusikers zB mit der eines Lehrers an einer öffentlichen Schule oder Musikschule kombiniert werden muss.

Übe ich den Kirchenmusikerberuf nebenberuflich als A-, B- oder C-Kirchenmusiker aus, bedeutet dies, dass die entgeltliche Ausübung nebst einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt. Werde ich zB adäquat als A- oder B-Kirchenmusiker entlohnt, ergibt sich sehr schnell die Frage nach der steuerlichen Zuverdienstgrenze (in Österreich: € 730,00 Veranlagungsfreibetrag) und einer allfälligen Sozialversicherungspflicht - so man von einem Werkvertrag ausgehen könnte. Da bleiben dann unter dem Strich möglicherweise letztlich nur rund 40% des bezogenen Entgeltes übrig. Dies insbesondere, wenn ich über den Daumen mit dem Durchschnittssteuersatz von 40% kalkuliere und Sozialversicherung noch berücksichtigen müsste.

D.h. werde ich adäquat nach der Ausbildung entlohnt, stellt sich die Frage, was letztlich nach Steuern und Sozialversicherung übrig bleibt. Da könnte es fast günstiger sein, im Falle einer nebenberuflichen Tätigkeit - so diese nicht ehrenamtlich erfolgt - weniger zu erhalten oder weniger Gottesdienste zu spielen. Das kommt dann auch für die Pfarren meist günstiger.

Betrachte ich die eingangs gestellte Frage, nach dem künstlerischen Aspekt, so wird man sicher bestrebt sein, sein orgelmäßiges Können zu verbessern und zu vervollkommnen. Aber nicht jeder hat die gleich günstigen Ausgangsbedingungen, was das Erlernen von Orgel betrifft. Hat man das Glück, zumindest in einem größeren Ort oder einer Bezirksstadt aufzuwachsen, war das Erlernen von Orgel bzw. Klavier als Vorbildung meist kein Problem, da dies an der örtlichen Musikschule angeboten wurde. Anders sah es zu meiner Zeit auf den Dörfern aus: Musikschulen gab es zu meiner Zeit noch nicht bzw. waren gerade erst im Entstehen und in den ersten Anfängen und das auch nicht unbedingt mit geprüften Lehrern in den Instrumenten. Vielmehr haben Pflichtsschullehrer nebstbei ein paar Stunden in einer Musikschule unterrichtet, ohne jetzt über eine B1-, IGP- oder Kirchenmusikausbildung zu verfügen.

Ich lernte 2 Jahre Klavier bei der örtlichen Volksschullehrerin (Musikschulen am Dorf gab es damals noch nicht), danach wurde die örtliche Volksschule geschlossen und mit einer anderen kleineren Volksschule zusammengelegt. Folge: es gab keinen Klavierunterricht mehr für mich. Mich in die nächste Bezirksstadt zu bringen (ca. 16 km) war meinen Eltern nebst einer größeren Landwirtschaft zu zeitaufwendig. Dessen ungeachtet, spielte ich bereits nach 1 Jahr Klavierlernens im Alter von 10 Jahren meine erste Segensandacht in der örtlichen Pfarrkirche. Zuhause verfügte ich neben dem Klavier über ein 2manualiges elektrisches Harmonium mit Stummelpedal (ähnlich bzw. eine Vorläuferin der späteren elektronischen Heim- bzw. Spinettorgeln). Auf einem Vorgängerorgelbuch der Betenden Gemeinde (von Assem-Kozmuth aus 1934) habe ich mir die ersten Orgelsätze zumindest klaviermäßig autodidakt erarbeitet. Daher kann ich auf eine beinahe 50jährige Orgeltätigkeit zurückblicken.

Von 1987 bis 1991 absolvierte ich das DözesanKons, das ich im Fall Orgel mit Auszeichnung abschloss, obgleich ich erst am DiözesanKons meinen allerersten richtigen Orgelunterricht erhielt. Andere Kollegen begannen am DözesanKons mit Vorkennentnissen von 5 oder mehr Jahren an Orgel. Dabei war noch zu berücksichtigen, dass in 1991 viele der zweiten großen 4stündigen Diplomprüfungen (schriftlich und mündlich) im Rahmen meines BWL-Studiums anstanden und zu absolvieren waren. So erfolgten der Abschluss der WU und des DiözesanKons fast gleichzeitig.

JJBB1

Zitat von JJBB1 im Beitrag #8

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Werde ich zB adäquat als A- oder B-Kirchenmusiker entlohnt, ergibt sich sehr schnell die Frage nach der steuerlichen Zuverdienstgrenze (in Österreich: € 730,00 Veranlagungsfreibetrag) und einer allfälligen Sozialversicherungspflicht

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Zitat von JJBB1 im Beitrag #8

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Betrachte ich die eingangs gestellte Frage, nach dem künstlerischen Aspekt, so wird man sicher bestrebt sein, sein orgelmäßiges Können zu verbessern und zu vervollkommnen.

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Zitat von Klangpost im Beitrag #9

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Zitat von JJBB1 im Beitrag #8

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Werde ich zB adäquat als A- oder B-Kirchenmusiker entlohnt, ergibt sich sehr schnell die Frage nach der steuerlichen Zuverdienstgrenze (in Österreich: € 730,00 Veranlagungsfreibetrag) und einer allfälligen Sozialversicherungspflicht

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Zumindest hier in Deutschland oder besser gesagt dort wo ich Erfahrungen gemacht habe ist das Orgelspiel Ehrenamt und die Vergütung erfolgt als Ehrenamtspauschale. Da sind hier 840 Euro Steuerfrei. Wobei man nun tatsächlich darüber diskutieren könnte, ob die Anschaffung von Noten und Material die Grenze erhöhen würde. Aber praktisch stellt sich die Frage wohl kaum. 15 Euro gibt es für einen Gottesdienst ohne Ausbildung, 20 Euro mit Ausbildung. Das wären 56 Gottesdienste im Jahr, was für einen Laienspieler durchaus sportlich wäre. Nun ja, die Briefumschläge die man zu speziellen Einsätzen einmal in die Hand gedrückt bekommt, wird bei den meisten ohnehin schnell wieder vergessen beim melden der Einkünfte :) zumal es ja oft eher symbolische Beträge sind.

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Zitat von JJBB1 im Beitrag #8

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Zitat von JJBB1 im Beitrag #8

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Betrachte ich die eingangs gestellte Frage, nach dem künstlerischen Aspekt, so wird man sicher bestrebt sein, sein orgelmäßiges Können zu verbessern und zu vervollkommnen.

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Da stimme ich dir absolut zu. Nur ist eine Ausbildung keine Garantie, dass jemand auch gut Orgel spielt. Es gibt eben auch exzellente Laienspieler und grottenschlechte Kirchenmusiker. Die persönliche Weiterbildung ist also egal ob Laie oder Profi finde ich wichtig, vor allem um auch einmal eine andere Meinung zum eigenen Spiel zu bekommen.

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Zitat von Klangpost im Beitrag #9

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In diesem Zusammenhang ist es aber auch absurd. Als Laienspieler ohne Ausbildung kann ich monatlich an Dutzenden Lehrgängen kostenfrei teilnehmen. Mit einer abgeschlossenen Ausbildung hingegen ist die Teilnahme nicht mehr möglich. Die Begründung ist, dass man aufgrund seiner Qualifizierung diese Dinge selbstständig erarbeiten können sollte. Auf der einen Seite ist diese Argumentation verständlich, auf der anderen Seite ist sie aber auch Unsinn. Ein Führerschein sagt ja auch erst einmal nur, dass man die Anforderungen an das Führen eines Kraftfahrzeuges erfüllt, ein guter Autofahrer ist man trotzdem nach der Führerscheinprüfung noch lange nicht...

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