Was für mich nach all den kontroversen Darlegungen hier zum Schluss führt, das wunderbare Stück (nur) in der Originalbesetzung auszuführen. Wenn man keine gute Geige zur Verfügung hat, wäre es auch vorstellbar, das Werk mit Oboe oder Querflöte zu musizieren, wobei man bei der Oboe um wenige Oktavierungen nach unten (z.B. Takte 60-64) nicht herumkommt. Aber das wäre ein geringerer Eingriff in die Substanz als in den Mittelstimmen-Part.

Zitat von Harmonist im Beitrag #11

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Was für mich nach all den kontroversen Darlegungen hier zum Schluss führt, das wunderbare Stück (nur) in der Originalbesetzung auszuführen.

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Zitat von Bartpfeife im Beitrag #12

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Zitat von Harmonist im Beitrag #11

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Was für mich nach all den kontroversen Darlegungen hier zum Schluss führt, das wunderbare Stück (nur) in der Originalbesetzung auszuführen.

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Ja, das ist die Denkweise des ausgehenden 20. Jahrhunderts, die uns allen noch in den Knochen steckt. Aber selbstverständlich gibt es immer auch andere, musikalisch überzeugende Lösungen, Bach hat es uns bei seinen Werken vorgemacht! Nur darf man dafür nicht denkfaul sein, auch das hat Bach uns gezeigt.

Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee ist, bei einer Fassung für Orgel solo darauf zu bestehen, den Violinpart als Solostimme mit eigener Klangfarbe vorzutragen - der starre Ton der Orgel führt rasch dazu, dass solche langen Soli als nervtötend empfunden werden, und ein Tremulant macht es auch nicht besser. Die Orgel kann mit einer Violine einfach nicht konkurrieren hinsichtlich Lebendigkeit des Klanges und Ausdruckskraft der melodischen Linie. Also sollte man diesem Vergleich von vornherein aus dem Wege gehen, indem man die Violinstimme eben nicht als Solostimme vorträgt, sondern als Teil eines ansprechenden harmonischen Satzes (das kann die Orgel gut, die Violine dagegen überhaupt nicht!). Ober- und Mittelstimmen sollten also auf einem Manual zusammenfasst und mit dem Pedal grundiert werden. Musikalische Höhepunkte kann man dann viel besser mit dem Schweller oder auch durch Hinzuziehen von Registern herausarbeiten, weil automatisch Ober- und Mittelstimmen am Crescendo und Descrescendo teilnehmen, wie es ja sein muss. Und obendrein sind dann die Probleme mit der Spielbarkeit lösbar.

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Zitat von Harmonist im Beitrag #13

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Also: Das ist nun wirklich "Kokolores". Wir reden nicht über Bach; was für jenen stimmen mag, muss nicht für Rheinberger richtig sein. Und was das mit "Denkweise des ausgehenden 20. Jahrhunderts zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.

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Zitat von Harmonist im Beitrag #13

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das wunderbare Stück (nur) in der Originalbesetzung auszuführen

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Ich kann keine "Bearbeitungsfeindlichkeit" des ausgehenden 20. Jh. erkennen. In Orgelprogrammen hört mal so viele Bearbeitungen wie nie. Das gab es früher nicht. Ob sie alle geglückt sind, ist die andere Frage. Auch wenn ich WDR3 höre, gibt es massenhaft Bearbeitungen für verschiedene Besetzungen.

Die Frage ist einfach: wie ist es gemacht? Bei Bach eben gut und geschickt. Wenn am Ende aber so eine "Real Book" Fake-Version herauskommt, tut man dem Stück keinen Gefallen.

Zitat von Axel im Beitrag #15

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Ich kann keine "Bearbeitungsfeindlichkeit" des ausgehenden 20. Jh. erkennen. In Orgelprogrammen hört mal so viele Bearbeitungen wie nie. Das gab es früher nicht.

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Trotzdem frage ich mich, ob das etwas mit historischer Aufführungspraxis zu tun hat. Bearbeitungsfeindlich war doch eher die Generation Helmut Walcha oder Karl Richter, die mit HIP nichts am Hut hatten. Von ausgewiesenen HIP-Spezialisten gibt es doch eigene Bearbeitungen. Ich denke da an G. Leonhardt oder L. Ghielmi.

Grundsätzlich würde ich sagen: kein Problem, aber das Stück muss halt in seiner Substanz angemessen darstellbar sein.

Auch die Generation Helmut Walcha und Karl Richter war von dem Gedanken geprägt, Musik "historisch richtig" auszuführen, nur war ihr Blick auf andere Aspekte gerichtet als der Blick von Harnoncourt, Leonhardt und ihren Nachfolgern. Der Gedanke, man müsse alte Musik auf den Instrumenten spielen, für die sie geschrieben war, kam schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf und führte zu einem Revival des Cembalos, der Blockflöte sowie der Barockorgel (allerdings wurden zunächst modernisierte Versionen dieser Instrumente gebaut und gespielt). In der Orgelszene markierte Wilibald Gurlitt den Beginn dieser Entwicklung mit dem Bau der "Praetorius-Orgel" in Freiburg 1921, die zu einem der Ausgangspunkte der Orgelbewegung wurde. Entsprechend musizierten Walcha und Richter gerne auf (modernisierten) Barockorgeln. Ein weiterer wichtiger Gedanke dieser Generation war das Streben nach dem "Urtext" von Kompositionen - damals wurden z.B. die Klavierwerke von Bach vom Henle Verlag in Ausgaben herausgebracht, die groß den Vermerk "URTEXT" trugen, und aus solchen Ausgaben wurde bevorzugt musiziert - man wollte ja "historisch richtig" spielen. Bearbeitungen waren natürlich kein "Urtext" und folglich wenig wert. Erst als dann die Nachfolger von Harnoncourt etc. realisierten, dass in der Aufführungspraxis der Barockzeit Bearbeitungen selbstverständlich und unabdingbar waren, kamen sie auf die Idee, dass auch dies in einer historisch informierten Aufführungspraxis imitiert werden müsse, das war dann um 2000. Kurz: der Großteil des 20. Jahrhunderts war geprägt von dem Gedanken, Musik "historisch richtig" auszuführen, nur wechselten die Aspekte, auf die man dabei sein Augenmerk richtete, im Laufe des Jahrhunderts stark, was große musikalische Unterschiede in der Aufführungspraxis des 20. Jahrhunderts nach sich zog.