Erst jetzt bin ich dazu gekommen, Bartpfeifes Link im Startpost dieses Threads aufzurufen. Mal ganz abgesehen davon, dass mich die (meiner Meinung nach ziemlich eintönige, um nicht zu sagen langweilige) Musik nicht begeistert: Sorry, aber so ein "Konzert" kann jeder geben, dazu muss man nicht mal Orgel spielen können, sondern einfach nur eine MIDI-Datei erstellen (oder von jemandem erstellen lassen), das kann bestenfalls als Präsentation einer Musikproduktion durchgehen, aber das ist kein Konzert. Der Begriff "Konzert" setzt für mich bei klassischer Musik voraus, dass jemand live spielt, denn das Playback-Spiel, bei dem die Musiker nur so tun, als ob sie live spielen würden, hat sich bisher nur in der Popmusik durchgesetzt. Da muss ich immer an die Modern Talking-Auftritte denken, wo Dieter Bohlen immer auf einer Gitarre herumgedroschen hat, auch dann, wenn gar keine Gitarre zu hören war, nur damit er neben dem Sänger auch irgendwas tut und nicht nur blöd herumsteht. Von einem klassischen Musiker, der in der Regel auch eine entsprechende musikalische Ausbildung hat, sollte man aber erwarten können, dass er live musiziert, nicht umsonst wird klassische Musik auch als ernste (= ernst zu nehmende) Musik bezeichnet. Aber einfach nur einen Laptop zu bedienen und MIDI-Dateien wiederzugeben steht für mich noch unterhalb des Playback-Spiels.
Zumindest außerhalb der Mittelpunkte großer Kirchenkreise haben wir ja schon heute die Situation dass ein Gerät die Orgel spielt. Nicht weil es toll ist, sondern weil kein Mensch mehr da ist der für die Gemeinde seine Freizeit opfern möchte oder ganz trivial einfach niemand spielen kann...
Ich weiß nicht ob an elektrischen Tischen in den Kirchen wirklich die Midifunktionen dazu gedacht sind für ein Konzert genutzt zu werden. Die Technik ist genial, ich erinnere mich noch an eine Konzertvorbereitung. Ich habe gespielt, den Recorder gestartet, dann bin ich runter ins Kirchenschiff, habe mich hingesetzt und das was ich gespielt habe noch einmal selbst von anderen Hörpositionen bewertet. Ich habe so auch schon einmal ein Stück für zwei geübt. Weil ich so etwas noch nie gemacht habe, habe ich mit mir selbst gespielt. Ohne Midi wäre es unmöglich.
Von Profis genutzt kann eine Midiquelle in Kombination mit einem Organisten richtig tolle Dinge erschaffen, da man so alleine Dinge spielen kann, die technisch sonst nicht möglich wären. Man kann es aber auch ganz dumm nutzen um einfach die Orgel alleine spielen zu lassen.
Das gezeigte Video ist alt bekannt und ebenso fragwürdig, eigentlich Volksverdummung. Viel Show und nur vorproduzierte Synth Musik vom Tonband. Hätte man auch eine Platte auflegen können. Am Synth freilaufende Sequencer damit ein paar Lämpchen blinken. Midi gab es noch nicht und der Modular Moog war weder polyphon noch multitimbral, live ging das so grundsätzlich nicht.
Zitat von Klangpost im Beitrag #12Von Profis genutzt kann eine Midiquelle in Kombination mit einem Organisten richtig tolle Dinge erschaffen, da man so alleine Dinge spielen kann, die technisch sonst nicht möglich wären. Man kann es aber auch ganz dumm nutzen um einfach die Orgel alleine spielen zu lassen.
Klassisches Beispiel für eine Verwendung im Konzert, gegen die niemand etwas haben wird, wäre das improvisierende Einspielen, Speichern und wieder Abspielen von irgend welchen Klangfolgen, zu denen dann wiederum improvisiert werden kann. Ich fürchte aber, eine solche Nutzung wird eher die Ausnahme bleiben (weil für viele Organisten zu anspruchsvoll), und die "dumme" Nutzung, um die Orgel alleine spielen zu lassen (wozu der Organist dann allenfalls noch so tut, als ob er spielen würde), wird eher die normale Nutzung werden, weil es so nahe liegt und sowohl für Organisten mit begrenzten Fähigkeiten, als auch für Gemeinden ohne Organisten so bequem und vorteilhaft ist.
Die Konsequenz könnte sein: Das Publikum beginnt, den Konzerten auf technisch fortschrittlichen Orgeln grundsätzlich zu misstrauen - solche Konzerte können ja ein Fake sein. Glaubwürdig bleiben nur Konzerte auf historischen Orgeln mit altertümlicher, meist mechanischer Technik. Also könnte sich die Orgelkonzerttätigkeit nach und nach auf solche Orgeln beschränken - was natürlich den Bau neuer Konzertorgeln mit moderner Technik sinnlos machen würde. Die Orgel würde dann endgültig als rein historisches Instrument betrachtet werden, ähnlich wie heute schon Cembalo, Laute, Blockflöte, Traversflöte etc.