Gibt es hier eigentlich einen echten "Profi-Organisten" ? Wenn ja, bitte (an)melden !
Nachdem wir - so viel ich weiß - alle nebenberufliche oder hobbymäßige Organisten mit nicht unbegrenzt Übungszeit sind, sucht vermutlich jeder von uns nach Stücken, die viel hergeben, aber nicht schwer zu spielen sind und genau solche Stücke möchte ich hier zum Thema machen.

Ein solches Stück, das ich heute bei der Vorabendmesse als Postludium gespielt habe und morgen wieder spielen werde, ist das Präludium (genaugenommen das 1. der 2 Präludien) aus BWV 566. Von diesem Stück existieren mehrere Versionen, weil mehrere Abschriften.
Die beiden bekanntesten Bach-Ausgaben (Peters und Bärenreiter) konnten sich bei diesem Stück nicht einmal auf eine Tonart einigen !
In der Edition Peters steht das Stück, das genaugenommen aus 2 Präludien und Fugen besteht, in C-Dur, in der Bärenreiter-Ausgabe in E-Dur, es wird bei Konzerten und CD-Aufnahmen auch gern als "Toccata in E-Dur" bezeichnet.
In C-Dur ist es natürlich leichter zu spielen und klingt gravitätischer, weil es eben eine Terz tiefer ist, deshalb und weil ich nicht allzuviel Zeit hatte, wählte ich als mein heutiges (und morgiges) Postludium das 1. Präludium (ohne Fuge) aus BWV 566 in der C-Dur-Version.
Das Stück sieht tatsächlich rein optisch viel schwerer aus als es ist, hat aber bei näherer Betrachtung kaum wirklich schwierige Stellen, nicht einmal das Pedalsolo ist gefährlich, klingt speziell auf barock intonierten Orgeln äußerst festlich und kann mit knapp 3 Minuten Länge gerade noch als Fest-Nachspiel durchgehen.

Nachdem wir morgen zwischen den beiden Vormittagsgottesdiensten ca 45 Minuten (!) Pause haben, überlege ich sogar, nach dem 1. Gottesdienst die Toccata und Fuge BWV 565 zu spielen, ein weiteres Glanzstück, das ich ebenfalls zu den leichteren Bächen rechne und das normalerweise für ein Postludium viel zu lang ist, scheint mir in diesem Fall nicht unangebracht. Nachdem die Kirchenbesucher nicht im Stress sind, weil ja noch so viel Zeit bis zur 2. Messe ist, könnten sich manche das Stück vielleicht sogar bis zum Schluss anhören.

Was spielt ihr, wenn ihr euer Publikum beeindrucken wollt und nicht viel Zeit zum Üben habt ?

Ein weiteres, leichtes und dabei durchaus effektvolles Glanzstück ist für mich das Präludium in d-Moll des eher unbekannten Barockkomponisten Jan Podbielski (1680-1730), das die etwas Fortgeschrittenen unter uns vermutlich fast vom Blatt spielen können.

Man könnte es vom virtuosen Charakter her (ich würde es mindestens Allegro, wenn nicht sogar Presto interpretieren) fast als Toccata bezeichnen.
Die tiefen Haltetöne am Ende des 1. und 2. Abschnittes würde ich ins Pedal nehmen, das verleiht den Schlussequenzen mehr Gravität.
Es lohnt sich wirklich, dieses Stückchen ins Repertoire aufzunehmen, es eignet sich auch sehr gut als Postludium oder kurzes Konzertstück, die Zuhörer merken ja nicht, wie leicht es eigentlich ist !

Und noch ein Geheimtip für alle, die mit möglichst wenig Übungsaufwand glänzen wollen:
Johann Caspar Simon (1701 - 1776): 14 leichte Präludien und Fugen
Diese Stücke lassen sich fast vom Blatt spielen und klingen doch so gut, dass sie sogar für CD-Einspielungen (speziell Orgelportraits historischer Orgeln) gern verwendet werden.