Wolfgang Seifen ist in der Orgelszene wahrlich kein Unbekannter. Das ist ein Ausschnitt aus dem Einweihungskonzert des Auditorio de Tenerife 2005 an der spektakulären Blancafort Orgel. Gib es komplett auf DVD (vergriffen) und weitere Ausschnitte auf YT. Zum Glück ist nicht alles ist so extrem.
Nun, der Mann hat eine bemerkenswerte Technik, aber wenn wir wirklich diese Art von hässlicher, lauter, bombastischer „Musik“ brauchen, um ein Publikum anzuziehen, dann denke ich, dass es ein trauriger Kommentar zum Geschmack des heutigen musikalisch interessierten Publikums ist.
Der Anfang dieser Improvisation ist ja eher gemäßigt und könnte sogar noch als spätromantisch durchgehen, aber ab der Mitte wird er dann immer wilder und steigert sich in einen Wirbelsturm hinein, um dann gegen das Ende hin wieder die Kurve zur Tonalität zu kratzen, die Schlusskadenz ist dann wieder betont tonal und konservativ. Ein solcher Schluss wirkt immer besonders befreiend nach Ausflügen in die herben Dissonanzen. Bei vielen Werken anderer zeitgenösischer Improvisatoren ist aber leider oft höchstens der Schlussakkord tonal und wohlklingend.
Zugegeben, es gibt Improvisationen von Herrn Prof. Seifen, die mich mehr begeistern: Z.B. dieses Improvisationskonzert, worin er eine improvisatorische Rundfahrt durch die Musikstile von Bach bis modern unternimmt. Wenn ich weiß, dass jemand genausogut perfekt-stilgerecht im Bach-Stil improvisieren kann und das ist bei Seifen unbestritten, verzeihe ich ihm eine herb-dissonante Improvisation eher als jemandem, von dem ich nur grobe Dissonanzen kenne, in denen ich keine oder kaum Musik erkennen kann. Leider hört man von den meisten zeitgenössischen Improvisatoren fast ausschließlich letzteres, insofern sehe ich Herrn Prof. Seifen als wahres Ausnahmetalent. Natürlich werde ich kaum einen Künstler finden, von dem mir wirklich ausnahmslos jedes einzelne Werk gefällt, aber damit kann ich leben.