Hihi, schönes Bild! Ich bin kein Freund dieser oft seichten Popmusik mit nahezu (zumindest von der Gemeinde) unsingbaren Rhythmen und teils auch schlechten Übersetzungen aus dem Englischen, aber man muss auch in Betracht ziehen, dass Bach selbst NGL komponiert hat. "NGL" seiner Zeit natürlich, also hochbarocke Melodien, statt der tradierten aus der Renaissance. Was die Rhythmen angeht, sind viele alten Choräle raffinierter und abwechslungsreicher als die oft recht schematisch synkopierten NGL-Produkte. Meine Mission ist daher auch das Entstauben der alten Lieder; die neuen zu pushen überlasse ich mit Freuden den anderen Organisten meiner Gemeinden. Natürlich spiele ich auch NGL wenn es vom Pfarrer gewünscht wird, aber dann meist auf dem Klavier, weil ich es da passender und vor allem leichter umzusetzen finde.
Auwei, die NGL- Diskussion... Also ich spiele bzw. singe mit dem Chor (fast) alles, von a capella Osterlied aus "sechzehnhundertirgendwas" bis NGL.
Ich finde nur, ein Gottesdienst muss in sich stimmig sein. Ich werde sicher nicht alles zusammenmischen, hab aber dann schon manchmal Probleme, wenn ich zb zur Kommunion Cesar Franck mit Solistin nehmen will und eigentlich vorher NGL geplant gehabt hätte... Dann muss halt das eine oder andere weichen...
Es gibt nichts in der Welt, das so wertvoll wäre, wie der Herzensfrieden. ~Franz v. Sales~
Der Beitrag war natürlich satirisch-ironisch gemeint. Auch ich spiele gelegentlich NGL und das sogar auf der Orgel, weil ich den Klimperkasten in unserer Kirche - ein jahrzehnte-altes, klappriges E-Piano (oder Digital-Piano ?), das einfach nur billig klingt - zugegebenermaßen nicht mag. Wann immer unserem Pfarrer etwas aus meinem Liedplan nicht zusagt - sei es aufgrund persönlicher Präferenzen oder in der Angst, dass die Alzheimer-Fraktion in unserer Gemeinde den Text und/oder die Melodie bereits vergessen haben könnte, wenn ein Lied längere Zeit nicht gesungen wurde - kommt als Alternative sein absolutes Lieblingslied GL (Österreich-Teil) 867 (Ich sing dir mein Lied), ein Liedchen mit einer brasilianischen Melodie, die ursprünglich im Samba-Rhythmus - also 4/4-Takt - gesungen wurde, aber aus mir unverständlichen Gründen von irgendwelchen "Experten" für das GL zu einem Walzer - also 3/4-Takt - umgeschrieben wurde. Ich kann diesem Lied in der GL-Version nicht allzuviel abgewinnen, trotzdem mache ich das Beste daraus, habe bereits mehrere Bearbeitungen dazu geschrieben und spiele es auch jedesmal brav auf´s Neue. Das Giorgio-Moroder-Vater unser GL (Österreich-Teil) 779 ist sein 2. Favorit, auch dazu spiele ich meinen eigenen Satz. Zum diesjährigen Dreikönigsfest wünschte er sich nach dem Schlussegen ein Lied, das gar nicht im GL steht: Jerusalem (Dunkelheit bedeckt alle Völker der Welt), auch dazu habe ich mir meine eigene Version zurechtgelegt, das klang auf der Orgel übrigens gar nicht mal schlecht und wurde nachher auch gelobt ! Erstkommunionen und Firmungen werden bei uns ausschließlich mit NGL (meistens Klimperkasten, ein paar Gitarren und entsprechender Gesang) beschallt, damit die Kinder und Jugendlichen von heute gar nicht erst auf die Idee kommen, sich mit Traditions-Chorälen auseinanderzusetzen. Unser Pfarrer besteht aber jedesmal darauf, dass ich auf der Orgel Einzug und Auszug spiele, also verlasse ich nach dem (meist freien) Präludium die Kirche, höre im Auto Musik oder gehe was trinken und komme nach einer guten Stunde (bis jetzt noch jedesmal rechtzeitig ) zurück, um nach dem Segenslied (selbstverständlich auch NGL !) noch ein Postludium zu spielen. Für letzteres brauche ich immer etwas Extra-lautes (vollgriffiges Plenum- oder besser Tutti-Stück), um das angeregte Gequatsche der vielen Leute zu übertönen, die sich unbedingt noch in der Kirche verweilend lautstark unterhalten müssen und nie auf die Idee kämen, entweder zum Plaudern erstmal die Kirche zu verlassen oder sich in der Kirche in Ruhe das Postludium anzuhören. Das alles ist einigermaßen okay und damit kann ich problemlos leben.
Was mir aber wirklich gegen den Strich geht ist dieser, vor allem auch in TV-Gottesdiensten deutlich spürbare Trend, dass alte, schöne, traditionsreiche Choräle zunehmend vernachlässigt werden und daher in Vergessenheit geraten, weil viele Kirchenbesucher und auch Zelebranten - warum auch immer - das simpel-naive Geträller, das mich immer an Kinderlieder erinnert, anscheinend bevorzugen. Als Organist und Liedplan-Autor versuche ich beharrlich, diesem Trend entgegenzuwirken, so gut ich eben kann.