Von ca 1500 bis ins 19.Jh war die Bauart der kurzen Oktave bei Tasteninstrumenten (Orgeln, aber auch Cembali) weit verbreitet.
Einerseits aus Kosten- und Materialgründen - ersparte man sich ja doch dadurch einige Pfeifen! Es war damals ja auch gar nicht so üblich, in Tonarten zu komponieren, für die zb ein Gis gebraucht wurde - wozu also die Pfeifen dafür einbauen?
Ein anderer Grund war vermutlich die leichtere Greifbarkeit von Intervallen, die größer als eine Oktav sind.
So wurde eben auch in der Klaviatur der Platz eingespart, den die nun "leeren" Tasten der großen Oktave benötigt hätten und die Töne kurzerhand auf andere Tasten "umverteilt". Spielt man zb ein E, ertönt ein C. Spielt man ein FIS, ertönt ein D.
Nun gibt es aber noch eine Besonderheit, denn manche Orgelbauer wollten anscheinend trotzdem auch die Halbtöne einbauen. So haben sie die eigentlichen Halbtontasten kurzerhand geteilt: drückt man die Taste vorne, ertönt ein D, spielt man sie hinten, ertönt ein Fis. Es entstand die kurze gebrochene Oktav.
Es ist spannend, auf einem solchen besonderen historischen Instrument zu spielen, eine kurze Oktav hat auch eine meiner Dienstorgeln. Ich hatte aber auch schon einmal das Vergnügen mit einer kurzen gebrochenen Oktav😊...
... Allerdings erschließt sich mir der Sinn dieser Bauweise nicht: Pfeifenmaterial wird hier ja nicht eingespart.
Und auf die paar Zentimeter, die dadurch in der Länge der Klaviatur eingespart wurden, kann es doch auch nicht ankommen, denke ich mir....
Außer: es ist wirklich die leichtere Greifbarkeit größerer Intervalle ausschlaggebend. (dafür ist ein D- Dur Dreiklang auf der ersten Stufe wiederum etwas unbequem zu greifen)
Die einzige Erklärung, die für mich eine kurze gebrochene Oktav rechtfertigen würde, wäre die spätere Nachrüstung einer kurzen Oktav um die beiden Halbtöne bei minimalster Veränderung im Spieltisch...
Ich hänge hier noch zwei Bilder an: 🎹mit der m. W. gängigsten Art der Tastenbelegung der kurzen Oktave - 🎹und mit derselben Tastenbelegung plus Fis und Gis bei der kurzen gebrochenen Oktave.
Spiritus boni
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Hallo Ich hatte erst ein einziges Mal das "Vergnügen", auf einer Orgel mit kurzer Oktave zu spielen - und da ich mich darauf vorbereiten konnte, hat es mir echte Schwierigkeiten bereitet. Es war eine historische Orgel in Österreich in der Nähe von Waidhofen an der Ybbs; leider weiss ich dem Namen des Ortes nicht mehr, da es schon lange her ist. Soweit ich mich erinnere, war das eine Wallfahrtskirche oder eine Kirche auf einem Berg gelegen, in der gerne Hochzeiten gefeiert werden - und die Orgel war ziemlich alt...
Wars die hier? Am Sonntagberg? Da steht nur leider der Maestro davor...😁
Oder - ohne Bild- eine Breinbauer /Kögler in Maria Seesal?
Spiritus boni
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Genau: die Orgel in der Basilika auf dem Sonntagberg war es. Ein schönes Instrument, das in Wikipedia Erwähnung findet. Zitat (Auszug aus Wikipedia) „...Die Orgel wurde in den Jahren 1774 bis 1776 von dem Orgelbauer Franz Xaver Christoph (Wien) erbaut und ist eine der bedeutendsten spätbarocken Orgeln Österreichs. 1872 wurden die Hauptwerksladen von dem Orgelbauer Josef Unterberger (Innsbruck) umgebaut und um ein Zungenregister (Posaune 16′) erweitert. 1961 wurde im Pedal eine Posaune 8' hinzugefügt. Im Zuge einer umfassenden Restaurierung der Orgel durch die Orgelbaufirma Pflüger wurden etliche Veränderungen rückgängig gemacht und das Instrument so weit wie möglich auf den Ursprungszustand rekonstruiert. Es hat 25 Register auf zwei Manualwerken und Pedal…."
Ob die kurze Oktave immer vorhanden war oder im Rahmen der Rekonstruktion "wiederbelebt" wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Auf jeden Fall hat sie mich erstmal aus dem Konzept gebracht - die kurze Oktave.
Ich denke, die Organisten waren damals einfach die kurze Oktave gewohnt und daher hat man die gebrochenen Obertasten eingefügt. Bezeichnenderweise sitzen oben ja auch die "neuen" Töne Fis und Gis. Auch bei den geteilten Obertasten für mitteltöniges Stimmung ist unten der "normale" Ton (cis, es, fis, gis, b) und oben der "exotische" (des, dis, ges, as, ais) obwohl das eigentlich "unlogisch" ist. Aber beim Spielen ist es viel bequemer! Vorausgesetzt natürlich man ist es gewohnt... By the way: ich baue meine Truhe mit vier geteilten Tasten pro Oktave und aus technischen Grümdem einer Klaviatur mit Waagebalken wie beim Cembalo. Hat jemand eine Zeichnung, wie die übereinander gebauten Obertasten konstruiert werden? Ich wollte immer mal in ein Cembalo mit dieser Konstruktion reinleuchten, komme aber aufgrund Corona länger nicht ran.