Man sieht bei einigen Pfeifenorgeln, wenn der Platz knapp bemessen ist, dass die grösseren Pfeifen in gekröpfter Ausführung gefertigt werden. Dies habe ich vornehmlich an Holzpfeifen gesehen. Mich interessiert die Frage, ob man bei dieser Bauform mit irgendwelchen klanglichen Veränderungen oder gar Einbussen rechnen muss, wenn man die gekröpfte Pfeife vergleichen würde mit einer in gerader Bauweise. Wie bemisst sich die Länge einer gekröpften Pfeife? Ich stelle mir die Frage deshalb, weil ja die Pfeife eigentlich in sich unterschiedlich Längen hat: Im Innenknick ist sie ja deutlich kürzer als im Aussenknick. Wie wirkt sich das auf die Schwingung der Luftsäule aus?
Ich bin gespannt auf die Antworten von den Kennern der Materie unter euch.
Ich bin keine Kenner in der Materie, aber ich könnte mir vorstellen, dass man die Länge an der Innenseite des Knickes, also an der kürzesten Seite, berechnet. Wenn man z.B. eine Pfeife hat, die an der Stimmrolle gestimmt wird, ist das ja auch nur ein kleiner Ausschnitt. Die Luftsäule interessiert es aber kein bisschen, dass die Pfeife auf der anderen Seite noch weiter nach oben geht, sie sucht sich den kürzesten Weg. Klangliche Veränderungen fallen mir nur in der Form ein, dass manchmal Zungentrichter gekröpft sind, sodass ihre Öffnungen in Richtung (Kirchen)raum zeigen und man dann quasi halbhorizontale Horizontaltrompeten hat. Das hat aber nur was mir der Richtung der Öffnung zu tun...
Zitat von Die größte Pfeife im Beitrag #2Klangliche Veränderungen fallen mir nur in der Form ein, dass manchmal Zungentrichter gekröpft sind, sodass ihre Öffnungen in Richtung (Kirchen)raum zeigen und man dann quasi halbhorizontale Horizontaltrompeten hat. Das hat aber nur was mir der Richtung der Öffnung zu tun...
Der Ton der (Labial)pfeife entsteht aber am Labium und breitet sich von dort aus, die Ausrichtung einer Kröpfung ist also dafür nicht relevant - anders als bei Zungenpfeifen, bei denen der Klang tatsächlich oben aus der Öffnung kommt.
Ansonsten könnte ich zum Thema noch beisteuern, dass Benjamin Wand bei seinen Orgelbauexperimente mit 3D-Druck die Labien schräg gedruckt hat und trotzdem klingt die Pfeife auf einem Ton. Stehende Luftsäulen sind also interessante Phänomene...
Bei einer Orgel, an der ich gelegentlich spiele, gibt es 2 Bauformen von gekröpften Labialpfeifen bei den tiefsten 4 Labialpfeifen im Prinzipal-16'-Bereich:
- Prinzipalbass 16' (Holz, offen): um 180° gekröpft mit Schiebern am Kröpfende zum stimmen - Prinzipal 16' (Zinn/Blei): bloß um 90° gekröpft
Ich habe mal im "Ellerhorst", Ausgabe 1936, nachgeschaut; dort heisst es auf auf Seite 286: "Die Kröpfung hat auf den Klang der Pfeifen keinen Einfluss, schützt vielmehr vor einfallendem Schmutz und bewahrt deshalb die Zungen vor dem Verstimmen und Verstummen"...
Mich würde interessieren, ob dies heute immer noch die Lehrmeinung ist.
Die Frage wurde ja im Thread #3 zutreffend beantwortet. Ergänzend dazu: Der Schutz vor einfallendem Schmutz ist nicht der Hauptgrund für das Kröpfen, sondern die fehlende Höhe für die meist tiefen Pfeifen.
Ja, die Bauhöhe ist das Kriterium. Besonders extremes Beispiel ist die Orgel in der Boardwalk-Hall in Atlantic City. In der großen Halle ist genug Platz, aber bei einem offenen 64' muss man auf den letzten Metern in die Horizontale gehen ...
Hallo Es st ja schon klar, dass begrenzte Höhe diese Bauweise erforderlich machen kann, das ist völlig klar. Meine Frage ist, wie muss denn nun so eine gekröpfte Pfeife bemessen sein. Nehmen wir als Beispiel eine labile 8-Fuss-Pfeife des untersten Tons, so hat diese ohne Fuss eine Länge von 2.40 m. Meine Frage ist nun, wie bemasse ich eine rechtwinklig gekröpfte Pfeife, damit die gleiche Tonhöhe entsteht? Muss die gesamte Länge an der kurzen oder an der langen Seite nun 2.40 m betragen? Oder ist es ein anderes Mass?
Auf Deine letzte Frage hin Ebi. Die Pfeifen werden nach der Mensurliste normal gefertigt. Erst im Anschluss wird sie wieder abgelängt und der entsprechende Teil der Kröpfung wieder im vorgesehenen Winkel an die Pfeife angebracht. Eventuelle minimale Längenabweichungen, je nachdem wie stark und oft die Pfeife gekröpft wird, werden durch Stimmen ausgeglichen.