"Tauet Himmel, den Gerechten", so heißt ein wunderschönes Adventlied, zu dem es 2 verschiedene Melodien gibt (wenn man die subtileren Varianten mal außer Acht läßt) und das sagt doch schon alles: Nicht nur religiöse, spirituelle Menschen wünschen sich Gerechtigkeit, dieses Bedürfnis ist vermutlich in jedem Menschen (mehr oder weniger) verankert. "Sonne der Gerechtigkeit" ist ebenfalls ein bekannter Choral und wenn man gezielt danach sucht, wird man in den Choraltexten vermutlich noch viel mehr Beispiele für den Wunsch gläubiger Menschen nach Gerechtigkeit finden.
Aber für viele bleibt dies ein frommer Wunsch, denn wenn man sich in der Welt und im eigenen Leben so umschaut, findet man so vieles, was "zum Himmel schreit" und doch knallharte Realität ist. Und doch passieren hin und wieder gewisse Kleinigkeiten, die wie "Ironie des Schicksals" anmuten, wo man sich dann denkt: Eigentlich geschieht es ihm (oder ihr) völlig recht ! Es heißt zwar auch: "Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet !", aber wir alle sind keine Engel und Heiligen und manchmal können wir einfach nicht anders, wenn wir ehrlich sind, oder ?
Das ist jetzt nur ein Beispiel, nicht mehr und nicht weniger, eigentlich wollte ich hier wirklich nicht politisch werden, aber diesmal gönne ich mir eine winzigkleine Ausnahme: Man kann zu Donald Trump stehen wie man will, man kann ihn gut finden oder für ein Schwein halten, aber eines ist sicher: Er hat die Gefahr von Corona lange Zeit unterschätzt und mit einem nahtlos in Ignoranz übergehenden Leichtsinn heruntergespielt - warum auch immer - und damit natürlich zur höheren Verbreitung des Covid 19-Virus in den USA und in der Welt beigetragen. Das mag jetzt vielleicht sehr böse und zynisch klingen, aber als ich heute gelesen habe, dass ausgerechnet er mit Covid 19 infiziert wurde, hat mir das ein Stück von meinem Glauben an höhere Gerechtigkeit zurückgebracht. Nein, ich wünsche ihm natürlich nicht den Tod und hoffe zuversichtlich, dass er seine Wahlniederlage noch erlebt. Ich mache mir auch nicht wirklich Sorgen um seine Gesundheit, denn die besten Ärzte im Land der unbegrenzten Möglichkeiten werden alles Menschenmögliche tun, damit er die Infektion möglichst unbeschadet durchlebt und am Ende wie ein Phönix aus der Asche ersteht. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass diese Erfahrung zur Einsicht führt und einen besseren Politiker, wenn nicht sogar einen besseren Menschen aus ihm macht.
Oder wie seht ihr das ? Ich meine jetzt nicht nur das Beispiel mit Donald Trump, sondern ganz allgemein eure Erfahrungen mit Gerechtigkeit und insbesondere "höherer" Gerechtigkeit ? Habt ihr schon einmal etwas erlebt, das euch dieses Gefühl von Gerechtigkeit und Ordnung im Universum zurückgegeben hat, als ihr es schon fast verloren hattet und wenn ja, was ? Oder glaubt ihr überhaupt nicht an Gerechtigkeit ? Ich denke mir immer, wenn es einen Gott gibt, dann muss es auch eine höhere Gerechtigkeit geben oder findet ihr diesen Gedanken naiv ?
Wenn ihr anderer Meinung seid, auch kein Problem, sagt ruhig, was euch auf der Zunge brennt, schreibt es euch von der Seele, denn hier darf jeder seine Meinung sagen (und das ist nicht in allen Foren so ) !
Höhere Gerechtigkeit ja - aber in einer etwas anderen Weise, als Du es hier angesprochen hast: Ich glaube, dass wir zumindest ab und zu einen Schutzengel oder sogar einen Schutzpatron haben, der uns trotz diverser Ungerechtigkeiten oder Gefahren vor größerem Schaden bewahrt ...sonst wäre mir wohl die Orgelpfeife auf den Kopf gefallen... und diese Liste könnte ich noch lange fortsetzen...
Es gibt nichts in der Welt, das so wertvoll wäre, wie der Herzensfrieden. ~Franz v. Sales~
Wenn ich an einen allwissenden, guten Gott glaube, muss es für mich zwingend auch eine höhere Gerechtigkeit geben, auch wenn es für mich oft nicht möglich ist, das große Ganze zu verstehen. Naiv finde ich das nicht. Die noch keine 30 Jahre alte frische Mutter, die kürzlich auf unserer Intensivstation an einer fulminanten Lungenembolie verstarb. Der 39-jährige Mann ohne Risikofaktoren, bei dem gerade ein metastasierter Speiseröhrentumor diagnostiziert wurde – Das sind aktuelle Beispiele aus meinem Alltag, wo man an der Frage nach höherer Gerechtigkeit verzweifeln kann.
Das Beispiel Trump finde ich in diesem Zusammenhang weniger intuitiv. Das ist eher der langjährige Raucher, der schließlich an seinem Bronchialkarzinom verstirbt oder der Freeclimber, der an der Eiger-Nordwand verunglückt. Wenn ich im Leben wissentlich bestimmte Risiken eingehe, wie mich mutwillig nicht vor einer potenziell letalen Infektionskrankheit zu schützen, dann ist das für mich am Ende keine höhere Gerechtigkeit, sondern Statistik. Also quasi die negative Version von „Jeder ist seines Glückes Schmied“ oder der abgedroschene Fußballerspruch „Wir müssen das Glück einfach mal erzwingen“.