65. Klangbeispiel:
Viele glauben, schwebende, also absichtlich leicht verstimmte Register, wären eine Erfindung der Romantik, doch tatsächlich gab es sie bereits in der Barockzeit.
In Italien (und nicht nur dort) gibt es sogar schwebende Prinzipale mit dem Namen "Voce umana", nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen Register, der Zungenstimme "Vox humana", deren Pfeifen bewusst einem menschlichen Kehlkopf nachgebidet sind.
Romantische Streicherschwebungen waren bereits in meinen Klangbeispielen 21, 31 und 57 zu hören, diesmal habe ich erstmals ein Stück mit einer barocken Streicherschwebung eingespielt, das mir für diese Registrierung geradezu ideal scheint:
Domenico Zipoli (1688-1726): All´ Elevazione II (Vorerst nur als mp3, das Video folgt demnächst, wenn ich mehr Zeit dafür habe.)

Intonations-Style: Barock 2
Stimmung: Barca

Meine Registrierung:

Hauptwerk:
Viola di Gamba 8´
Koppel SW/HW

Schwellwerk:
Fugara 8´
Unda maris 8´

Pedal:
Prinzipal Bass 16´

Für alle, bei denen "das Auge mithört", das Video zum 65. Klangbeispiel:

Danke, das freut mich sehr, dann bitte aber auch auf YT liken !
Vielleicht liegt´s an der dezenten Schwebung, die den Klang lebendiger wirken lässt.

Du kannst es übrigens ganz leicht auf deiner Orgel reproduzieren, wenn du meine Barock-Intonation lädst und das Stück spielst.
Die Noten findest du hier unter "All´Elevatione in C major".
Wenn du willst, kann ich dir auch die MIDI-Datei schicken, aber erst morgen, denn ich muss bald schlafen gehen.

66. Klangbeispiel:
DER Oster-Klassiker, der in meiner Pfarrkirche in keiner Osternacht und an keinem Ostersonntag fehlen darf:
Georg Friedrich Händel (1685-1759): Halleluja aus "Der Messias" (Orgel-Transkription von Henry Thomas Smart)

Ich habe bereits 2 ältere Aufnahmen dieses Stückes auf YT:
1. Live-Aufnahme vom 19.04.2009 mit Klarinette und Orgel (aufgenommen an der Walcker-Orgel der Pfarr- und Wallfahrtskirche Pottenstein)
2. Video-Aufnahme vom März 2015 (aufgenommen an der Hradetzky-Orgel der Pfarrkirche Wien-Atzgersdorf)

Warum also noch eine Aufnahme ? Ich habe bei der Orgel Solo-Aufnahme 2015 leider nicht fehlerfrei gespielt (2009 übrigens auch nicht, aber da fällt das weniger auf) und wollte das Stück einmal fehlerfrei aufnehmen, wie ich es zuhause spiele (wenn ich gut drauf bin ).

Intonations-Style: Barock 2
Stimmung: Neidhardt "Große Stadt" (Custom 1)

Meine Registrierung:

Hauptwerk:
Prinzipal 8´
Principal 4´
Quint 2 2/3´
Oktave 2´
Plein Jeu IV

Schwellwerk:
Roerfluit 8´
Octava 4´
Quint 1 1/3´
Super Ottava 2´
Cymbale III

Pedal:
Prinzipal Bass 16´
Prinzipal 8´
Octave 4´
Hintersatz IV

Takt 35, letzte Viertel:

Schwellwerk:
- Quint 1 1/3´
- Cymbale III

Takt 67:

Pedal:
+ Bazuin 16´

Schluss (Takt 92, letzte Viertel):

Hauptwerk:
+ Bourdon 16´

Slideshow: Halle, Marktkirche

Nein, das sind sie nicht, wenngleich das machbar wäre, wenn ich es wollte.
Ich setze Zungen ganz allgemein nur sehr dosiert ein, entweder für einen Cantus firmus oder als Pedalzunge für mehr Gravität, aber kaum Manualzungen im Plenum, weil ich verzungte Plenum-Registrierungen (in denen die Zungen gegenüber den Labialen dominieren) grundsätzlich nicht mag, was natürlich Geschmacksache ist. Nur im Tutti darf die Manual-Trompete natürlich nicht fehlen, z.b. hier.
Trotzdem habe ich 7 der 8 Zungen-Registerwippen dieser Orgel (auf denen sich ja je nach Intonations-Style ganz verschiedene Register befinden) in irgendeinem Klangbeispiel bereits verwendet, nur jene mit der Aufschrift "Fagott 16´" im Schwellwerk bisher noch nicht, aber da kommt auch noch was.

Die 2 Trompeten des Schwellwerkes hört man z.b. hier, jene des Hauptwerkes hier und jene des Pedals hier.
Hier hörst du im Vorspiel die Vox Humana (kombiniert mit dem Kornett).

In der Einzelregister-Präsentation, an der ich schon länger (nebenbei) arbeite, werden natürlich alle Register einzeln zu hören sein.

Ich muss mich korrigieren:
Sogar die Registerwippe mit der Aufschrift "Fagott 16´" habe ich bereits verwendet und zwar hier, siehe Basson 16´ !

67. Klangbeispiel:
Wenn man bei der BWV-Nummer des berühmtesten Orgelstückes aller Zeiten die letzten beiden Ziffern vertauscht, erhält man die BWV-Nummer dieses beliebten Stückes. Ob diese Nummernverwechslungsgefahr zur Popularität dieses "kleinen" Bachs begetragen hat, der vielleicht gar kein Bach ist ?
Die "8 kleinen Präludien und Fugen" werden von manchen Experten eher als Kompositions-Hausübungen seiner Schüler angesehen, aber nachdem die Autorenschaft dieser gefälligen, kleinen Stücke nicht eindeutig geklärt ist, bleibt es offiziell "Bach", wen sollte man hier auch sonst als Komponisten angeben ?
Das Stück wird von vielen Kollegen im Plenum mit Lichtgeschwindigkeit gespielt, aber mich inspiriert es eher zu einer sanften, flötigen Registrierung und einem moderaten Tempo, ich finde, es könnte vom Charakter her fast als "Flötenuhr-Stück" durchgehen. Ich spiele es sogar gelegentlich zur Kommunion.
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Präludium und Fuge F-Dur BWV 556 (aus "8 kleine Präludien und Fugen")

Intonations-Style: Barock 2
Stimmung: Schnitger Hamburg (Custom 3)

Meine Registrierung:

Präludium:

Hauptwerk:
Bordone 8´

Schwellwerk:
Roerfluit 8´
Flute a cheminée 4´

Pedal:
Subbass 16´
Bourdon 8´

Fuge:

Hauptwerk:
+ Waldflute 4´
+ Oktave 2´

Schwellwerk:
+ Superottava 2´

Pedal:
+ Octave 4´

Schluss:

Hauptwerk:
- Bordone 8´
- Waldflute 4´
+ Prinzipal 8´
+ Principal 4´

Pedal:
- Subbass 16´
- Bourdon 8´
+ Prinzipalbass 16´
+ Prinzipal 8´

Slideshow: Hradetzky-Orgel der Pfarrkirche Wien-Atzgersdorf, diverse historische Bach-Darstellungen