Er mag ja jung sein, aber sicher kein Zeitgenosse. Sorry, wenn ich das so deutlich sage, aber ich kann diesem mäßig gemachten epigonalen Gedudel wenig abgewinnen.
Ein Zeitgenosse ist per definitionem jemand, der zur gleichen Zeit lebt, egal in welchem Stil er komponiert oder dudelt, und das trifft auf Herrn Romberger eindeutig zu. Okay, dann ist Händel eben auch epigonales Gedudel, kein Problem, jedem das Seine. Oder du hast einfach nur zu kurz hineingehört.
Nun ja, ich habe mich quer dadurch geklickt, vielleicht habe ich die Clusterstelle verpasst. Es mag durchaus sein, dass er zur gleichen Zeit lebt wie andere, aber offenbar nicht in der gleichen Zeit.
Es sind eben Stilkopien, um mir ein Urteil erlauben zu können, wie solide sie gemacht sind, müsste ich genauer hinschauen. Das ist eben Handwerkszeug aus dem Tonsatzunterricht der Musikhochschule. Sollte jeder können. Viele Kirchenmusiker können so etwas improvisieren, Wolfgang Seifen war ja hier schon Thema, der kann es besonders gut, aber etliche Kollegen bekommen es ähnlich hin. Und man kann jetzt nicht sagen, dass es technisch bei R. besonders elegant gespielt ist.
Mir fehlt bei so etwas die persönliche Sprache, der Wiedererkennungswert. Da klingt der Anfang nach einem barocken Concerto, die Ostinatovariationen nach Rheinberger, aber wo ist Romberger?
Was ich tatsächlich nicht verstehe: Was hat das mit Händel zu tun? Den erkennt man sehr zuverlässig an seinem Personalstil und massenhaft bei anderen abgeschrieben hat er nun auch nicht. Ein Epigone ist per definitionem jemand, der mangels eigener Ideen auf die seiner Vorgänger zurückgreift. Wo macht Händel das?
Das Problem kann man doch auch auf andere Bereiche übertragen: Welcher Schriftsteller würde heute noch die geringste Anerkennenung bekommen, wenn er in der Diktion Goethes schreiben würde? Er wäre der Literaturkritik nicht mal eine Rezension wert. Das ist dann nichts gegen Goethe, den man immer noch genial finden kann, aber 200 Jahre später geht der Stil eben nicht mehr.
Zitat von Romanus im Beitrag #3...Okay, dann ist Händel eben auch epigonales Gedudel, kein Problem, jedem das Seine.
Hallo Roman
Ich kenne von Händel sicher nicht allzu viel,: seine Orgelkonzerte, einige Cocerti grossi, die Feuerwerksmusik und natürlich seine Wassermusik. Aber egal, was ich mir anhöre: DAS ist Händel, unverkennbar. Und ich mag seine Musik, sie hat im Gegensatz zu den Kompositionen seines Zeitgenossen Bach mehr Leichtigkeit, mehr Schwung, ja auch eine gewisse Eleganz. Und: es ist Händel....
Zitat von Axel im Beitrag #4Es sind eben Stilkopien, um mir ein Urteil erlauben zu können, wie solide sie gemacht sind, müsste ich genauer hinschauen. Das ist eben Handwerkszeug aus dem Tonsatzunterricht der Musikhochschule. Sollte jeder können. Viele Kirchenmusiker können so etwas improvisieren, Wolfgang Seifen war ja hier schon Thema, der kann es besonders gut, aber etliche Kollegen bekommen es ähnlich hin.
Wirklich JEDER ??? Ich glaube, dass die meisten Kirchenorganisten das eben nicht können und viele von ihnen es gar nicht erst versuchen. Und selbst wenn man es tatsächlich mal in der Musikhochschule gelernt hat und danach nie übt, verlernt man es auch bald wieder. Viele haben nicht einmal eine Kirchenmusikschule besucht und spielen schon nach ein paar Jahren Klavierunterricht Gottesdienste. Die meisten Pfarren können sich einen Berufsorganisten auch gar nicht leisten.
Mir fallen jetzt spontan nur 4 (lebende) Organisten ein, die wirklich überzeugend im alten Stil improvisieren können: Wolfgang Seifen (wie schon richtig gesagt) Balint Karosi Franz Josef Stoiber Wolfgang Reisinger (mein letzter Orgellehrer !) (Wenn es noch mehr gibt, würde mich das sehr freuen !)
Und wer es eben nicht improvisiert, sondern "nur" komponiert und dann sein eigenes Werk auch noch nach Noten spielt, macht immerhin immer noch schöne Musik. Etwas zu komponieren, das "wie" Barockmusik klingt und das auch noch sauber zu spielen, erfordert ungleich mehr Können als einfach etwas "modernes" zu komponieren oder zu improvisieren, wobei es gar keine "falschen" Töne mehr gibt, weil alles gleich grauenvoll klingt. Klassische Musik ist zeitlos und wird Gott sei Dank nie "aus der Mode kommen" und die klassischen Kompositionsstile sind genauso zeitlos. Wer kann heute, nach dem alle akustischen Verrücktheiten (inklusive "Musikstücke" ohne Töne !) schon mal da waren, noch einen neuen Stil erfinden ? So gesehen ist so gut wie JEDE Art von Musik epigonal und wen stört das, solange man sie genießen kann ?
Zitat von Axel im Beitrag #4Und man kann jetzt nicht sagen, dass es technisch bei R. besonders elegant gespielt ist.
Hast du dir die Solokadenz angehört, die er vor dem Schluss des 1. Satzes seines barocken Concertos auf einem Nebenmanual spielt ? Das auf einer pneumatischen Orgel, die man nicht gewohnt ist, lupenrein hinzubekommen ist gar nicht so ohne.
Zitat von Axel im Beitrag #4Mir fehlt bei so etwas die persönliche Sprache, der Wiedererkennungswert. Da klingt der Anfang nach einem barocken Concerto, die Ostinatovariationen nach Rheinberger, aber wo ist Romberger?
Dasselbe könnte man auch bei jedem sagen, der "nur" Literatur spielt und gar nichts eigenes, aber auch das finde ich lobenswert, solange qualitätvolle Musik dabei herauskommt. Das Gegenteil wäre jemand, der einfach nur originell sein will, einen dissonanten Cluster oder überhaupt nur einen Ton hinlegt, diesen minutenlang liegen lässt und vielleicht noch alle 10-30 Sekunden ein paar weitere Töne und Register hinzufügt. Ich behaupte, DAS kann wirklich jeder und man muss dazu nicht mal musikalisch sein. Das Lustigste ist ja immer, wenn der "Künstler" dann ganz am Schluss des Stückes nach unzähligen Dissonanzen, die nicht die geringste Musik erkennen lassen, einen tonal reinen Schlussakkord mit betonter Fermate hinlegt, der nach so viel akustischer Folter dann natürlich besonders gut und vor allem befreiend wirkt, das ist dann die Erlösung ! 🤣
Zitat von Axel im Beitrag #4Was ich tatsächlich nicht verstehe: Was hat das mit Händel zu tun? Den erkennt man sehr zuverlässig an seinem Personalstil und massenhaft bei anderen abgeschrieben hat er nun auch nicht.
Doch, genau das hat er, siehe hier ! Damals gab es eben noch kein "Copyright", heute würde sowas vermutlich nicht mehr klaglos durchgehen. Natürlich hat er auch viele geniale Stücke selbst komponiert und ich bewundere ihn immer noch und bin nach wie vor stolz darauf, den gleichen Geburtstag wie er (wenn auch etwas jüngerer Jahrgang) zu haben.
Zitat von Axel im Beitrag #4Ein Epigone ist per definitionem jemand, der mangels eigener Ideen auf die seiner Vorgänger zurückgreift. Wo macht Händel das?
In seinen Orgelkonzerten und mehr als nur einmal: Im 2. Satz seines bekanntesten Orgelkonzertes "Kukuck und Nachtigall" ist eine Orgelsolo-Stelle ziemlich wörtlich aus J. K. Kerlls 3. Canzona (Takte 35-45) übernommen.
Zitat von Axel im Beitrag #4Das Problem kann man doch auch auf andere Bereiche übertragen: Welcher Schriftsteller würde heute noch die geringste Anerkennenung bekommen, wenn er in der Diktion Goethes schreiben würde? Er wäre der Literaturkritik nicht mal eine Rezension wert. Das ist dann nichts gegen Goethe, den man immer noch genial finden kann, aber 200 Jahre später geht der Stil eben nicht mehr.
Dieser Vergleich hinkt etwas: In der Literatur ist es wichtig, verbal verstanden zu werden, deshalb bedient man sich einer zeitgemäßen Sprache. Aber Musik ist eine Sprache, die jeder versteht, der musikalische Ohren hat, schöne, alte Musik oder auch neue Musik in alten Stilen wird hoffentlich nie verstummen !
Zitat von Romanus im Beitrag #6 Mir fallen jetzt spontan nur 4 (lebende) Organisten ein, die wirklich überzeugend im alten Stil improvisieren können: Wolfgang Seifen (wie schon richtig gesagt) Balint Karosi Franz Josef Stoiber Wolfgang Reisinger (mein letzter Orgellehrer !) (Wenn es noch mehr gibt, würde mich das sehr freuen !)
Hallo Roman Ich finde bei deiner Aufzählungen einen wichtigen Könner in Sachen Orgelimprovisation nicht, nämlich Sietze de Vries: ein wirklicher überzeugender Zeitgenosse...
Zitat von Romanus im Beitrag #6 Dasselbe könnte man auch bei jedem sagen, der "nur" Literatur spielt und gar nichts eigenes,...
Na zum Einen ist das eine barocke und somit überholte Ansicht, dass nur der Organist etwas gilt, der "eig'nes" aus welch auch immerm Ärmel schütteln könnt', Verzeihung. Zum Anderen, "Nur" Literatur ? Mach' das doch einfach mal für einen Samstag-Abend-Gottesdienst, für den du am Samstag morgen die Lieder bekommst, innerhalb kürzester Vorbereitungszeit verschiedenste Literatur so auf die Pfanne zu bekommen, dass das im Gottesdienst funktioniert. Da bewundere ich doch die Herren Improvisatoren, die nur die Muse küsst, und schon fließt es Ihnen aus den Fingerlein. Das Orgelspielen habe ich auch nicht an einer Musikhochschule gelernt, sondern eigentlich an den Choralvorspielen . Es geht den Komponisten halt nicht nur dadrum, schöne Musik zu machen, es schwingt auch immer ein pädagogischer Ansatz mit, dass du auf der Orgel etwas lernst, was du vorher nicht konntest, und da gibt es ziemlich viel zu lernen. Bei der Stilkopie-Diskussion kann ich's nicht beurteilen, da ich mir so etwas mangels Interesse nicht anschaue, bei dem, was ich allerdings bisher davon gesehen habe, habe ich nicht den Eindruck, länger als 2min dafür zu brauchen. Im Vergleich braucht ein anspruchsvolles Choralvorspiel schon mal 1/2 bis 1h, bis das für den Gottesdienst sitzt, und das ist dann noch nicht konzertreif. Gestern wollte ich dann mal einen echten Jungegger spielen, Vorspiel zu "O kommm o komm Immanuel, dazu gibt es hier (ok, das Notenblatt ist so leer, dass die Riesenbuchstaben "PREVIEW nicht mal eine Note verdecken können) eine sehr gut lesbare Ausgabe, leider hattet der Pfarrer das Lied aber irrtümlich 2x auf den Plan ge- und dann wieder abgesetzt, und für das erste Mal gab es schon ein modernes, einigermaßen anspruchvolles Stück.
Zitat von Axel im Beitrag #4Was ich tatsächlich nicht verstehe: Was hat das mit Händel zu tun? Den erkennt man sehr zuverlässig an seinem Personalstil und massenhaft bei anderen abgeschrieben hat er nun auch nicht.
Doch, genau das hat er, siehe hier ! Damals gab es eben noch kein "Copyright", heute würde sowas vermutlich nicht mehr klaglos durchgehen. Natürlich hat er auch viele geniale Stücke selbst komponiert und ich bewundere ihn immer noch und bin nach wie vor stolz darauf, den gleichen Geburtstag wie er (wenn auch etwas jüngerer Jahrgang) zu haben.
Zitat von Axel im Beitrag #4Ein Epigone ist per definitionem jemand, der mangels eigener Ideen auf die seiner Vorgänger zurückgreift. Wo macht Händel das?
In seinen Orgelkonzerten und mehr als nur einmal: Im 2. Satz seines bekanntesten Orgelkonzertes "Kukuck und Nachtigall" ist eine Orgelsolo-Stelle ziemlich wörtlich aus J. K. Kerlls 3. Canzona (Takte 35-45) übernommen.
Da werden jetzt 2 Sachen durcheinander geschmissen, die dem verehrten Publikum separat serviert werden sollten.Das Zitieren war in der Barockzeit kein zu Ahnendes Vergehen, sondern ein Kompliment an den ursprünglichen Autor, benannt wurde dieser nicht, wer es kannte, kannte es eben, wer nicht, hörte schöne Musik, die dadurch ( und wenn auch nur die besonders schönen Stellen) weiter verbreitet wurde. Wann ist Musik modern ? Musik ist modern, wenn sie die Umstände, die Klänge, Melodien, Gefühle und das Lebensgefühl ihrer Zeit aufgreift und in der Musik hörbar macht. Mozarts 6 Münchner Klaviersonaten sind von der bayrischen Volkmusik inspieriert, und nein meine Herren, das hat mir nicht meine Musikhochschule eingetrichert, nein meine Herren, ich hab die Dinger gespielt und da Schuplattlert und Ländlert es halt ganz gewaltig. Mein Liebling unter den Komponisten von Choralvorspielen, der Karl Hoyer, und meine Herren, jetzt tun sie bitte nicht so, als wenn sie den kennen würden, bei dem hört man man den Jazz dieser Jahre raus, und nein meine Herren, das hat mir nicht meine Musikhochschule eingetrichert, nein meine Herren, ich hab die Dinger gespielt und da hört man eben das Saxophon in irgendeiner Kaschemme morges um halb vier. Sie komponieren Stilkopien ? Oder stilisieren sie Kompositionskopien ? Oder möchten sie lieber Stilkompositionen kopieren ?
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10.12.2022 21:03
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Ich glaube, dass die meisten Kirchenorganisten das eben nicht können und viele von ihnen es gar nicht erst versuchen. Und selbst wenn man es tatsächlich mal in der Musikhochschule gelernt hat und danach nie übt, verlernt man es auch bald wieder. Viele haben nicht einmal eine Kirchenmusikschule besucht und spielen schon nach ein paar Jahren Klavierunterricht Gottesdienste. Die meisten Pfarren können sich einen Berufsorganisten auch gar nicht leisten.
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