Transsylvanien ist als Orgellandschaft nicht zu unterschätzen, bereits hier und hier konnte ich meine Begeisterung für transsylvanisch-historische Orgeln kaum bremsen.
Die 1794 erbaute, spätbarocke bzw. klassische Orgel stammt von Johannes Prause und hat genau diesen runden, vollen Spätbarock-Klang, den ich mir bei Orgeln immer wünsche und den man bei modernen Orgelbauten kaum findet. Da drängt sich mir immer wieder die Frage auf: Warum kann (oder will ?) man sowas heute nicht mehr bauen ?
In der Tat, das klingt sehr gut. Man kann das schon bauen...Die Frage ist einfach was es kostet. Ein solches Gehäuse ist eben Aufwand. Und so schön es klanglich ist, so hat ein solches Instrument ja erhebliche Einschränkungen. Tastenumfang, Stimmung, Windversorgung, gewisse Merkwürdigkeiten der Disposition, unergonomischer Spieltisch...Möchte ich das wirklich genauso haben? Jeden Sonntag?
Klar, eine moderne Orgel sollte in der Disposition vielseitig sein und den vollen Tonumfang haben und das Gehäuse soll v.a. zur Architektur der Kirche passen und die Stimmung sollte bei einem Orgelneubau, der ja meistens mehr oder weniger als "Universalorgel" gedacht ist, natürlich gleichstufig sein. Mit "sowas heute bauen" meinte eigentlich nur den Klangcharakter, also die Mensuren und die Intonation. Mit so einem milden Plenumklang könnte man genausogut romantisch spielen und eigentlich die ganze Palette.
Ich finde schon, dass es so etwas gibt. Intonation ist natürlich ein Zeitaufwand und Arbeitszeit ist teuer geworden. Und nicht alle Orgelbauer intonieren gut, auch wenn sie einem das erzählen wollen.
Und dann kommt natürlich dazu, dass jemand die Wünsche formulieren muss. Nimmt sich der OSV wirklich soviel Zeit? Wie gut ist der Kirchenmusiker? Hat der wirklich Ahnung und auch das Mandat zu sagen: Nee, das wollen wir anders haben?
Wenn Du der Prause-Orgel eine gleichstufige Stimmung verpassen würdest, würde deren Klangästhetik sicher eine andere sein. Viele Orgelneubauten erhalten heute wohltemperierte Stimmungen, was ich persönlich als sehr angenehm empfinde. Bei "Universalorgeln" mit entsprechender Größe würde ich davon allerdings absehen.
Zitat von MAT im Beitrag #5Wenn Du der Prause-Orgel eine gleichstufige Stimmung verpassen würdest, würde deren Klangästhetik sicher eine andere sein. Viele Orgelneubauten erhalten heute wohltemperierte Stimmungen, was ich persönlich als sehr angenehm empfinde. Bei "Universalorgeln" mit entsprechender Größe würde ich davon allerdings absehen.
Verstehe ich das richtig, dass Du bei "Universalorgeln" von einer wohltemperierten Stimmung absehen würdest? Wäre es nicht gerade bei "Universalorgeln" besser, eine temperierte Stimmung zu verwenden, damit sämtliche Literatur wiedergegeben werden kann?
Ich persönlich würde mich eher grundsätzlich für eine "schwache" Temperatur entscheiden, da mit dieser auch wirklich fast alles wiedergegeben werden kann.
Da liegt wahrscheinlich ein Missverständnis vor. "Wohltemperiert" bedeutet nicht "gleichwebend temperiert". Dieser Begriff erfasst Stimmungssysteme, die im Laufe des 18. Jhdts. die ältere Mitteltönigkeit abgelöst haben, wie z.B. die Temperierungen von Werckmeister, Neidhart oder Kirnberger, um weiter entfernte Tonarten bis zu 4 Vorzeichen spielen zu können. Und solche Systeme meint MAT wohl.
Wir sprechen hier auch nicht von einem Neubau, sondern von einem historischen Instrument, das ursprünglich von Prause 1794 erbaut wurde, aber 1861 durch Carl Hesse und 1900 durch Karl Einschenk Veränderungen erfahren hat. Sodann erfolgte eine Restaurierung auf den vermutlichen Urstand zurück durch COT Harman aus Honigberg. Näheres dazu in der Orgeldatei der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien unter Bistritz. Ich weiß das deshalb, weil ich im Jahr 2017 an einer einwöchigene Studienreise nach Siebenbürgen teilnommen habe und mich von der Qualität der Restaurierungen überzeugen konnte. Dazu gab es eine sogfältige Dokumentation. Solche Instrumente gleichschwebend zu stimmen wäre ein Unfug.
Diese Orgel konnte ich damals, weil unrestauriert, nicht hören, aber die Prause Orgel in Honigberg war beeindruckend. Und andere schöne Instrumente, die ihre Erhaltung dem Umstand verdanken, das sie in größere Kirchen verbracht wurden, wie z.B. in Tartlau, Heltau oder Mediasch, um nur einige Beispiele zu nennen.
Zitat von Harmonist im Beitrag #7Solche Instrumente gleichschwebend zu stimmen wäre ein Unfug.
Davon war auch nie die Rede, ich habe vielmehr gemeint, dass man sich bei Orgelneubauten, bei denen sich natürlich eine gleichstufige Stimmung anbietet, an den Mensuren und der Intonation solcher historischer Orgeln ein Beispiel nehmen könnte.
In der Intonation liegt eben die Kunst des Orgelbaus, auch wenn mich die derzeitigen Diskussionen ganz allgemein daran zweifeln lassen, ob das für die Kundschaft, also die Organisten, noch die oberste Priorität hat.