Die KirchenmusikerInnen unter euch kennen das bestimmt: Diese spezielle Art der Notation, bestimmt gibt es dafür einen Fachausdruck, der mir gerade nicht einfällt, ich nenne sie mal "Kugelnotation", die sich bei Psalmen und manchen Halleluja-Rufen im GL findet, bei der die Notenhälse fehlen und die Noten alle ziemlich gleich aussehen, sodass man oft nicht genau weiß, ob eine Note kurz oder lang gesungen bzw. gespielt werden soll. Der morgige Zelebrant unserer Pfarre hat sich diesmal einen Kehrvers in genau dieser Notation ausgesucht, den er noch nie gesungen hat und den ich noch nie gespielt habe, der sich nicht mal im YouTube-Kanal des Organisten "Lingualpfeife" findet und das will was heißen !
Es ist: GL 625.2 "Mein Herz ist voll Freude" (meines weniger ) Über dem 5. Ton (Freu-) befindet sich ein kleiner Kreis und über dem 6. (-de) ein nicht ganz so kleiner, nach oben offener Halbkreis und ehrlich gesagt weiß ich im Moment nicht, wie diese beiden Zeichen korrekt zu interpretieren sind.
Ich habe das ja auch mal in der Kirchenmusikschule gelernt, aber das ist schon lange her und ich habe mir zugegebenermaßen nicht jedes Wort davon gemerkt.
Wer googlet, der findet auf mindestens 3 verschiedenen Seiten Heinz-Walter Schmitz´ Werk Psalmenbegleitung - Eine Hinführung, das bestimmt gut gemeint ist, aber leider meine Fragen nach korrekter Interpretaton der beiden oben erwähnten Zeichen unbeantwortet lässt.
Deshalb frage ich mal ganz ungeniert in die Runde: Wer von euch kann mir sagen, was der kleine Kreis und der nicht ganz so kleine, nach oben offene Halbkreis zu bedeuten haben ?
Nennt sich landläufig "Eierkohlennotation". Die Symbole sind sicher die Akzente. Hauptbetonung und Nebenbetonung. Das ist wichtig für die Zuordnung der anderen Psalmverse. Letztlich entscheidet aber der Sprachrhythmus. Ich singe Psalmen (war ein Jahr 2. Kantor im Kloster) lieber ohne Orgelbegleitung, dann ist man frei, den Sprachrhythmus zu wählen, ohne von einem eventuell unsensiblen Organisten gestört zu werden 😉. Aus Sicht des Organisten würde ich ein recht schwammiges und leises Register nehmen, aber bei einer Intonation genau auf dem Anfangston rauskommen und den Psalmton gut hörbar einbauen, damit der Sänger Bescheid weiß. Für Näheres müsste ich mir das Ding mal ansehen, es gibt verschiedene Systeme: schreib mir vielleicht eine PN
Ich wollte auch schon schreiben: Egal, wie ihr das Problem löst - sofern ihr beide zusammenpasst, wirds ok sein. Die Leute haben von Psalmsingen meistens ohnehin keine Ahnung, Hauptsache es klingt gut ;-) Ich hoffe, ihr habt noch gemeinsam Zeit zum Proben - dann klappt das schon ;-)
Es gibt nichts in der Welt, das so wertvoll wäre, wie der Herzensfrieden. ~Franz v. Sales~
"die Zeichen über den Noten (Kreis,Halbkreis,Strich) weisen auf Dehnung, Gewichtung und Abrundung einer Silbe im natürlichen Fluß der lebendigen Sprache hin;" aus: Tageszeitengebet Vom Singen der Psalmen
Ich kenne diese Kreise und Halbkreise vor allem aus der evangelischen Kirche. Im Introitus kommen die beiden Zeichen neben dem "-" über der Noten häufig vor. Nun habe ich nicht evangelische Kirchenmusik studiert, da kann sicher jemand im Forum kompetenter antworten. Ich habe aber so die Erfahrung gemacht, dass die Kreise immer ein Wort betonen, ohne darauf stehen zu bleiben, das Wort zu dehnen (was eher dem "-" zuzuordnen wäre), also eine Betonung mit einem Weiterstreben im Textfluss. Der Halbkreis dagegen fängt eine Phrase eher ab, als eine kleine Verzögerung ohne Betonung auf unbetonter Silbe, also dem Hörer verdeutlicht, dass dieses Wort gerade besonders wichtig ist. Dies würde im vorliegenden Fall auch zutreffen: Eine Herausstellung des Wortes Freude mit Betonung der Silbe "Freu" und das sanfte Landen auf "de" ohne dass man darauf kleben bleibt. Ich glaube, in diesem Fall muss man dabei auch unbedingt lächeln :-) Ich lasse gerne den Kantor Psalmen alleine singen und auch in der evangelischen Kirche singen wir den Leitvers unbegleitet. Bei 625,2 ist es aber eher der Kehrvers, den das Volk singen soll. Da würde ich ihn begleiten. Aber da das Volk gerade nicht singen darf (zumindest bei uns), würde ich es vielleicht einspielen und dann den Kantor alleine Kehrvers und Psalm singen lassen oder eben nur so wenig an Liegetönen leise darunterlegen, wie unbedingt nötig.
Zitat von Edenhofer-Fan im Beitrag #5"die Zeichen über den Noten (Kreis,Halbkreis,Strich) weisen auf Dehnung, Gewichtung und Abrundung einer Silbe im natürlichen Fluß der lebendigen Sprache hin;"
Ich kenne diese Kreise und Halbkreise vor allem aus der evangelischen Kirche.
Vielen Dank für die ausführliche Erläuterung und auch für die anderen Antworten ! Ich wäre danach gut vorbereitet gewesen, doch es kommt im Leben oft anders als man denkt: Der Zelebrant hatte mir aus Versehen die falsche Nr. geschickt, es war in Wirklichkeit GL 623.2 ! Letzteres steht in "normalen" Noten im Orgelbuch und ich konnte es problemlos vom Blatt spielen.