Im 19. Jahrhundert war Ludwig Edenhofer ein bedeutender Orgelbauer im ostbayerischen Raum mit Firmensitz in Regen im Bayerischen Wald. Er lieferte seine Orgeln v.a. in Gemeinden der Diözesen Regensburg, Passau und Eichstätt. Es wurden aber auch einige Orgeln im heutigen Böhmen aufgestellt und ein paar baute er sogar im damaligen Russland. Sein ältester Sohn vergrößerte die Firma und gründete einen weiteren Firmensitz in Deggendorf. Schon bald nach dem Tod des Seniors starb auch der jüngere Sohn, der ebenfalls Orgelbau gelernt und die Firma in Regen weitergeführt hatte. So wurde die Orgelbaufirma nur noch von Deggendorf aus bis ungefähr dem 2. Weltkrieg geführt. Die Firma Edenhofer schuf ca. 400 Orgeln, baute zahlreiche Orgeln um, und betreute viele Gemeinden. Im Internet findet sich seit heute die Aufzeichnung des Gottesdienstes in Poikam, wo noch heute eine 130 Jahre alte Edenhofer-Orgel (1890) erhalten ist: http://www.st-nikolaus-pfarrei.de/posts/...05.2020-489.php Edenhofer-Orgel Poikam
Ich hätte gern mal das Plenum mit Mixtur und Manual-Subbass (bei Orgeln dieser Größe eine Rarität !) gehört, aber der Organist war offensichtlich sehr darum bemüht, nur ja "nicht zu laut" zu spielen.
Es wäre tatsächlich eine Rarität, wenn der Subbass im Manual wäre. So hab ich noch mal in meinen Unterlagen nachgesehen und ein klärendes Foto gefunden:
Der Organist hatte vermutlich tatsächlich die Anweisung, in der leeren Kirche nicht zu laut zu spielen. Aber ein Plenum-Klangbeispiel lässt sich sicherlich nachreichen ;-)
Erzähl´ uns, warum du gerade ein Fan der Orgelbauer-Dynastie Edenhofer geworden bist ! Wenn es Schnitger, Silbermann, Riepp oder Ladegast wäre, würden dir sicher viele zustimmen, aber Edenhofer ist doch eher ein "Geheimtip". Als ich deinen Forennamen zum 1. Mal gelesen und Edenhofer gegooglet habe, fand ich zunächst: "Ottmar Edenhofer, deutscher Ökonom" Erst als ich auf die Idee kam, Edenhofer Orgel zu googlen, wurde mir klar, worum es geht.
Was sind die besonderen Vorzüge der Edenhofer-Orgeln und wie bist du darauf gekommen ? Die Orgel in dem von dir verlinkten Video ist ja eher klein und unspektakulär. Was ist für dich die schönste Edenhofer-Orgel und warum ?
Die Frage nach der schönsten Edenhoferin kann und will ich so nicht beantworten. Es wäre, als ob mich jemand nach meinem Lieblingskind fragen würde. Ich werde bei Gelegenheit schildern, was mich ausgerechnet zum Edenhofer-Fan machte und warum es eine Sucht ist, alle Edenhofer-Orgeln aufzuspüren, zu entdecken, auf Opus-Jagd zu gehen, Inschriften zu entziffern und natürlich auch darauf zu spielen. Ganz bestimmt ist es wie beim "Kleinen Prinzen" und seiner Rose. Es gibt viele (große) Orgeln von berühmten Orgelbauern, die hervorragend klingen und auch sehr hübsch anzusehen sind. Aber die Edenhofer-Orgeln habe ich mir vertraut gemacht und ich mag sie mit all ihren Ecken und Kanten. Es gibt viele Ähnlichkeiten und doch sind sie alle individuell und es gibt immer was neues zu entdecken. Und eines ist ihnen allen gemein: Sie wurden solide gebaut und viele Gemeinden, die Geld hatten und meinten mit der Zeit gehen zu müssen und diese mit moderneren Orgeln ausgetauscht haben, wurden schnell eines besseren belehrt und müssen sich nun ärgern, dass sie ihre Orgel damals hergegeben haben. Und ja, Romanus, sie sind (fast) alle klein und unspektakulär, so wie es eben die Gemeinden damals in jeder Dorfkirche benötigten und sich leisten konnten. Er hatte wohl ein gutes Gespür für ein ideales Preis-Leistungsverhältnis und die Gemeinden konnten sich darauf verlassen, lange Freude an ihrem Instrument zu haben.
Eine Orgel, die im Internet ganz gut vertreten ist und vermutlich auch die älteste erhaltene Edenhoferin, steht in Achslach im Bayerischen Wald: Sie hat als Besonderheit eine Physharmonika integriert. Auf Wikipedia ist die Disposition und man kann auch Klangbeispiele anhören: Edenhofer-Orgel in St. Jakobus, Alslach
Edenhofer hat übrigens bei Ullmann in Wien gelernt. Deshalb such ich auch im Wiener Raum nach Spuren von ihm.
P.S. Wenn ich im Internet nach Edenhofer suche, dann stoß ich auch immer auf Ottmar, der mir mittlerweile wie ein alter Bekannter vorkommt, obwohl ich noch nie was mit ihm zu tun hatte.
Die Physharmonika klingt spannend! Ist sie nicht schwellbar, auf Wikipedia klingt es sehr statisch? Das ist ja eigentlich der Grund für eine Physharmonika... In der Wallfahrtskirche Kaltenbrunn im Kaunertal habe ich auch mal eine Physharmonika gesehen. Sie war unter der Orgelbank eingebaut und mit einem Fußtritt schwellbar. Leider war ich nicht als Organist, sondern als Sänger dort und der Organist hat sich leider überhaupt nicht für das Register und seine Funktion interessiert. So weiß ich nicht, ob das ein Schweller mittels Klappe oder über die Luftsteuerung war. Eigentlich wäre die Luft ja das Mittel der Wahl, denn durchschlagende Zungen verändern ihre Tonhöhe nicht bei verändetem Winddruck, wohl aber die Lautstärke. Weiß jemand wie das Physharmonika-Register in der Orgel funktioniert? Interessiert mich als jemand, der sich auch mit dem Harmonium (welches die gleiche Technik hat) beschäftigt, und eines aus den 1850er Jahren sein eigen nennt...
Zitat von Osterpfeife im Beitrag #6Weiß jemand wie das Physharmonika-Register in der Orgel funktioniert? Interessiert mich als jemand, der sich auch mit dem Harmonium (welches die gleiche Technik hat) beschäftigt, und eines aus den 1850er Jahren sein eigen nennt...
Ich bin zwar kein Orgelbauer, nehme aber an, dass es genauso funktioniert wie ein Harmonium, mit dem einzigen Unterschied, dass der Organist nicht treten muss.
In Wien gibt es seit ein paar Jahren eine Orgel mit 2 solchen Registern, in diesem Fall hat die Orgel einen eigenen Schweller für die Physharmonika-Register: Die Lenter-Orgel der lutherischen Stadtkirche Wien
Ich habe dort vor 2 Jahren einer Orgelführung (durch den Orgelbaumeister persönlich) beigewohnt, bei der jeder Teilnehmer spielen durfte, solange er wollte, ich habe mich dort auch ausgetobt, muss aber gestehen, dass mich die "typischen" Orgelregister mehr interessiert haben. Ich habe dort u.a. auch das Albrechtsberger-Präludium in D-Dur gespielt, womit ich immer das kleine Hauptwerksplenum zu testen pflege und diese Orgel hat den Test mehr als bestanden. Auf YT findet man einige Videos von dieser Orgel, ich habe jetzt allerdings keines mit den Physharmonika-Registern gefunden.
Dann schlage ich vor, dass du dein 1850er-Harmonium in deinem Thread "Osterpfeife´s Instrumente" vorstellst, vielleicht mit Klangbeispiel.
Das spannende am Harmonium ist der variable Winddruck, was es ja ganz gravierend von Orgeln unterscheidet. Das geht mit Labialen und aufschlagenden Zungen auch nicht wegen der Tonhöhenänderung. Ein durschschlagendes Register in der Orgel könnte nun wie ein normales Orgelregister mit konstanter Wassersäule in einen Schwellkasten gestellt werden, hätte dann aber nur klanglich einen anderen Charakter. Oder man betreibt es über eine eigene verstellbare Winddrossel mit variablem Druck, wodurch eine wesentlich größere dynamische Bandbreite ohne den "verschatteten" Klang einer Jalousie möglich wären. Darauf bezog sich meine Frage. Ich fand leider nirgends einen näheren Hinweis auf die Bauart dieser Register... Übrigens "muss" ein Harmoniumspieler nicht treten, sondern er "will", denn das macht gerade den Reiz aus, dass man völlig Herr der Dynamik ist. Wenn man bei den Druckwindinstrumenten den Magazinbalg deaktiviert, sind sogar dynamische "subito-Effekte" möglich, von denen normale Harmonien (landläufig "Psalmenpumpe" genannt) nur träumen können. Und eine Percussionsmechanik behebt auch den Nachteil der langsamen Ansprache tiefer Töne vollständig. Eine Vorstellung kommt vielleicht nach den Orgeln!
Heute scheint mein Glücktag zu sein. Gerade habe ich einen Stern erhalten (finde Qualität ja wichtiger als Quantität). Also wird es Zeit, mal wieder etwas zum Thema Edenhofer zu schreiben. Heute habe ich eigentlich nach einer Edenhoferin von 1895 gesucht. Zufällig fand ich aber einen Zeitungsartikel über eine Edenhofer-Orgel aus dem Jahr 1888, die ich schon aufgegeben hatte. Sie wurde ihrer Kleider beraubt, d.h. das Gehäuse steht noch an seinem ursprünglichen Platz in der Kirche, gefüllt mit einem neuen Orgelwerk. Das Innenleben wurde von einem kroatischen Orgelbauer mitgenommen. Mehr wusste ich nicht. Wie soll man eine Orgel in Kroatien finden, die nicht mal mehr das Gehäuse als Erkennungsmerkmal hat und Fotos von Spieltisch und Innenleben einer Orgel im Internet zu finden, ist wirklich schwer. Nun habe ich sie also gefunden. Im virtuellen Kroatienurlaub - trotz Corona. Sie steht ebenfalls im Gehäuse der Vorgängerorgel. Sieht sogar ein wenig den Edenhoferorgelgehäusen ähnlich. Nun werde ich also an die kroatische Gemeinde schreiben und hoffen, dass sie mir Fotos und Informationen zu ihrer Orgel liefern können. Vielleicht sollte ich doch meine Familie einpacken und diesen Sommer nach Kroatien fahren. Da wollte ich schon ganz lange mal wieder hin! Nur, wenn ich sage, dass ich dort eine Edernhoferin besuchen möchte, werde alle die Augen verdrehen. Na, dann fahr ich eben alleine :-)
Inn vielen Belangen ist das Internet ein Segen und hilft uns Dinge zu finden, die man früher allerhöchstens mit Einsatz von Detektiven, viel Geld und unerhörtem Engagement aufspüren konnte. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass du online fündig geworden bist. Das freut mich für dich und wirft bei mir zudem die Frage auf, wie du wohl vorgegangen bist. Ich vermute, dass das Stichwort "Edenhofer" allein da nicht genügt hat, oder?
Kirchenorgel-Forum
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03.05.2020 14:32
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