Der Organist ist nicht einfacher Besucher, sondern versieht einen Dienst. Das bedeutet für mich, dass man sich so verhalten soll, dass man die anderen nicht ablenkt oder stört. (Ist je nach Sichtbarkeit unterschiedlich.) Ob man die Messe innerlich mitvollzieht, ist aber jeder Person selber überlassen.
Was das Kommunizieren betrifft: das habe ich in einer Pfarre mal so erlebt, dass Chor und Organist nach der Messe die Kommunion erhielten. Fand ich eine gute Lösung!

(Klar, jetzt könnten wir liturgisch diskutieren, dass jeder Besucher auch mitvollzieht, es eine "passive" Teilnahme gar nicht geben kann (rein theoretisch) usw. Trotzdem macht es für mich einen Unterschied, ob ich einen sichtbaren Dienst hab oder nur von der Kirchenbank aus mitfeiere.)

Ich hab sonntags zwei Gottesdienste an unterschiedlichen Kirchorten hintereinander zu beorgeln. Um pünktlich zum 2. Gottesdienst in der Stadtkirche zu sein, muss ich hin und wieder die Verkehrsregeln großzügig auslegen. Ein Stressfaktor. Dann muss ich noch einen Parkplatz suchen, ein zweiter Stressfaktor. Manchmal ist nicht mal mehr Zeit für ein menschliches Bedürfnis. Ein dritter Stressfaktor. So hechte ich also von einer Empore zur nächsten. In beiden Kirchen sitze ich nicht im Blickfeld der Gemeinde. Gleichzeitig weiß ich, was ich bei den Liturgen predigtmäßig zu erwarten habe. Bei einigen höre ich im ersten Gottesdienst noch zu, bei anderen nutze ich die Zeit, mich mit meinem Handy zu beschäftigen. Im zweiten Gottesdienst ist zur Predigt Zeit fürs stille Örtchen, danach lege ich auch schon mal die Beine hoch, wenn die Ermattung zunimmt, zumal ich ja auch schon weiß, ob es sich zeitlich lohnt. Die Orgel ist mein Arbeitsplatz, da ist im Gottesdienst selten der Platz für spirituelle Erfahrungen. Die sammle ich, wenn ich alleine an der Orgel sitze und übe, oder auch nur für mich "herumklimmpere".

Im ersten Beitrag wurde erwähnt, dass der Organist den Spieltisch verlassen hat. Das macht in meinen Augen überhaupt kein Problem, zumal man bedenken muss, dass er, selbst wenn es sein erster Gottesdienst am Tag ist, die weit unbequemere Sitzmöglichkeit hat als die Besucher. Vielleicht hat er sich nur auf einen Stuhl im Hintergrund gesetzt?
Ich habe zwei (momentan wegen der Orgelrestaurierung in Großkochberg 3) Kirchen, in denen ich für die ganze Gemeinde sichtbar an Harmonium oder E-Orgel sitze. Dort bleibe ich während des ganzen Gottesdienstes sitzen, auch während Gebet oder Evangelium. Während des Abendmahls spiele ich etwas und zum Schluss muss ich ja nur zwei Schritte gehen, um selber teilzunehmen, das mach ich dann auch, wenn ich auf der Empore bin, bleibe ich oben.

Und zur eigentlichen Frage, der religiösen Einstellung: ich glaube, es ist sehr vorteilhaft, aber nicht vorauszusetzen, dass man gläubig ist. Man ist am Ende einfach ein Dienstleister, was natürlich hervorragend mit dem eigenen Glauben verbindbar ist. Aber auch als nicht gläubige Person kann man den Orgeldienst übernehmen – vorausgesetzt, man kennt sich trotz nicht vorhandenem persönlichen Bezug so mit der ganzen Sache aus, dass man die Gemeinde in der Auslebung ihres Glaubens so unterstützen kann wie es auch eine gläubige Person könnte.

Zitat von Die größte Pfeife im Beitrag #13

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Im ersten Beitrag wurde erwähnt, dass der Organist den Spieltisch verlassen hat. Das macht in meinen Augen überhaupt kein Problem, zumal man bedenken muss, dass er, selbst wenn es sein erster Gottesdienst am Tag ist, die weit unbequemere Sitzmöglichkeit hat als die Besucher. Vielleicht hat er sich nur auf einen Stuhl im Hintergrund gesetzt?

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Nachdem mein Büro nur ca. 12min zu Fuß bzw. 2 U-Bahn-Stationen vom Stephansdom entfernt ist, und ich deswegen des öfteren regelmäßig auszugsweise in der Mittagspause den Mittagsgottesdienst kirchenmusikalisch gerne mitverfolge, konnte ich so gut wie bei fast jedem Gottesdienst beobachten, dass während der Predigt - für fast alle Gottesdienstbesucher im vorderen Bereich erkennbar - die Orgel beinahe demonstrativ verlassen wurde. Ich denke nicht, dass das stets mit einem WC-Besuch verbunden war - dies hätte dann medizinische Gründe als Ursache. Auch kann ich natürlich nicht sagen, ob sich zumindest in der Nähe der Domsakristei ein WC befindet.

Meines Erachtens wäre das eher ein Miss-Stand, der zumindest eine gewisse Uninteressiertheit an der Predigt, wenn nicht auch am gesamten liturgischen Geschehen zum Ausdruck bringt.

Mir geht es nicht unbedingt darum, jemanden anzuschwärzen, aber es ist für mich ein absolutes No-Go bei fast jeder Predigt die Orgel und damit auch den Kirchenraum während der Predigt (demonstrativ) zu verlassen, wenn das sogar alle Kirchenbesucher wahrnehmen können. Ich konnte das bereits oft genug beobachten.

JJBB1

Ich sehe das auch pragmatisch. Im Gottesdienst erledige ich eine Arbeit. Man hat das Recht von mir zu erwarten, dass ich das anständig mache, also konzentriere ich mich auf den Job. Dafür werde ich bezahlt. Vermutlich habe ich schon geschrieben, dass ich selbst nicht höre, ob ein Kollege fromm ist. Die Qualität des Orgelspiels und die Frömmigkeit sind zwei grundsätzlich verschiedene Sachen. Natürlich würde ich erwarten, dass sich ein Organist so verhält, dass er die Gemeinde nicht irgendwie stört oder demonstrativ zur Schau trägt, dass er damit nichts zu tun hat.

Man hört nicht, ob der Organist fromm ist ...

Aber man bemerkt, ob der Organist einen Gottesdienst als Bühne sieht, um sein Können (übermäßig) zu präsentieren, also im Mittelpunkt stehen will - oder ob er den Gottesdienst begleitet, also eine dienende Einstellung hat....

Das halte ich für viel wichtiger als die Frage, ob der Organist bei der Predigt auf der Orgelbank sitzt oder nicht.

Und was heißt schon "demonstrativ"?
Die paar Male, die ich im Stephansdom war, ist mir nicht aufgefallen, dass da wer besonders "demonstrativ" gegangen wäre.
Ich glaube nicht, dass die Organisten etwas demonstrieren wollen. Sie versehen einfach ihren Dienst und das ist halt oft schon der xte an einem Tag...