Es geht mir darum: es sieht sehr eigenartig aus, wenn der Organist - für alle sichtbar - für die Zeit der Predigt den Kirchenraum (Dom) verlässt. So nach dem Motto: Die Predigt interessiert mich ganz und gar nicht. Ich konnte das fast immer beobachten.
Hmmm, und wie oft kommt es vor, dass jemand den Gottesdienst zur Selbstdarstellung nutzt? Ich wage einfach mal zu behaupten, dass die Leute, die jeden Sonntag nach der Messe einen Finalsatz aus einer Sinfonie von Widor oder Vierne zum Besten geben auch an einer Stelle beschäftigt sind, wo solches erwartet wird und nicht an irgendeiner Dorfkirche.
Ich wüsste gerne, was ihr hier unter "Selbstdarstellung" versteht, wenn es um die Interpretation geht. Wenn jemand an der Orgel sitzt und was kann, soll er es bitte auch zeigen. Niemand stellt sein Licht unter den Scheffel, sondern auf den Tisch, damit es allen im Hause leuchte, vgl. Mt. 5,14.
Zitat von MAT im Beitrag #24Ich wüsste gerne, was ihr hier unter "Selbstdarstellung" versteht, wenn es um die Interpretation geht. Wenn jemand an der Orgel sitzt und was kann, soll er es bitte auch zeigen. Niemand stellt sein Licht unter den Scheffel, sondern auf den Tisch, damit es allen im Hause leuchte, vgl. Mt. 5,14.
Ich würde unter "Selbstdarstellung" eine gewisse präpotente Grundeinstellung des Kirchenmusikers verstehen, wo die Kirche mit einem Konzertsaal verwechselt wird. Dabei geht es mE nicht unbedingt darum, welche Stücke zur Aufführung gebracht werden. Die Einstellung des Musikers als solche wäre dann stark verbesserungswürdig, da es nicht um das "Dienen" als solches geht.
Das ist auch gar nicht so einfach zu beschreiben, weil es nicht immer offensichtlich ist. Ich würde es beschreiben als Missachtung liturgischer Bedürfnisse zugunsten der eigenen (gefühlten) Wichtigkeit. Dazu gehören zum Beispiel Registrierungen und Harmonisierungen, die die "Kunstfertigkeit" des Spielenden demonstrieren sollen, die Gemeinde aber verwirren, statt sie zu stützen. Dazu gehört etwa auch die Einstellung, dass der Priester warten soll, bis die Musik fertig ist, statt sich an die Länge der liturgischen Handlung anzupassen.
Zitat von Fili im Beitrag #26Dazu gehört etwa auch die Einstellung, dass der Priester warten soll, bis die Musik fertig ist, statt sich an die Länge der liturgischen Handlung anzupassen.
Wer die Kunst der Improvisation beherrscht und auch anwendet, kann das Präludium und die Communio natürlich gut an das Timing des Zelebranten anpassen. Wenn man aber ein fertiges Stück spielt, kann es problematisch sein, mitten drin aufzuhören. Da könnte man allenfalls in den Noten vorhandene Wiederholungen weglassen.
Meiner Erfahrung nach wird es übrigens von den Zelebranten noch eher toleriert, dass ein Stück etwas länger dauert, als dass es zu kurz ist und eine peinliche Pause entsteht oder der Gemeindegesang zu früh beginnt, wenn der Zelebrant noch nicht bereit ist.
Zitat von Fili im Beitrag #26 Dazu gehören zum Beispiel Registrierungen und Harmonisierungen, die die "Kunstfertigkeit" des Spielenden demonstrieren sollen, die Gemeinde aber verwirren, statt sie zu stützen.
Auf einer kleinen Dorfgemeinde oder in einer kleineren Stadtkirche stimme ich dir durchaus zu, da kann die Gemeinde sowas einfach nicht. Man kann aber versuchen, sie langsam an so etwas heranzuführen. Denn: ist die Gemeinde es gewohnt, auch zu Harmonien zu singen, die vielleicht nicht nur Tonica, Dominante und Subdominante sind, kann man die Harmoniesierung und die Registrierung dazu nutzen, auch den Text des Liedes darzustellen. Beispiel: Jesu meine Freude. Dort heißt es in einer Strophe: "Unter deinem Schirmen bin ich vor den Stürmen aller Feinde frei. Lass den Satan wittern, lass den Feind erbittern, mir steht Jesus bei! Ob es itzt gleich kracht und blitzt, ob gleich Sünd und Hölle schrecken; Jesus will mich decken" Dann ist es meiner Meinung nach sehr passend, wie ich es auch neulich gehört (nicht gemacht, sowas kann ich nicht) habe, einen Cantus Firmus im Pedal mit wirklich wilden Harmonien darüber zu spielen. In meiner Gemeinde hätte das nie funktioniert, weil sie einfach nur verwirrt gewesen wäre, dort ist man das gewohnt, alle haben mitgesungen, da kann sich auch der Organist mal ausleben.
Zitat von Fili im Beitrag #26 Dazu gehört etwa auch die Einstellung, dass der Priester warten soll, bis die Musik fertig ist, statt sich an die Länge der liturgischen Handlung anzupassen.
Da stimme ich zu, deshalb spiele ich auch zum Beispiel zum Abendmahl keine Literatur, weil ich nie weiß, wie lange es dauern wird. Vorspiel und Nachspiel (bei uns gibt es ja keinen Einzug, der in einen Choral übergeht) können meiner Meinung nach aber auch ausgedehnt ausfallen, das Nachspiel eher als das Vorspiel.
Zitat von Fili im Beitrag #26Das ist auch gar nicht so einfach zu beschreiben, weil es nicht immer offensichtlich ist. Ich würde es beschreiben als Missachtung liturgischer Bedürfnisse zugunsten der eigenen (gefühlten) Wichtigkeit. Dazu gehören zum Beispiel Registrierungen und Harmonisierungen, die die "Kunstfertigkeit" des Spielenden demonstrieren sollen, die Gemeinde aber verwirren, statt sie zu stützen. Dazu gehört etwa auch die Einstellung, dass der Priester warten soll, bis die Musik fertig ist, statt sich an die Länge der liturgischen Handlung anzupassen.
Ich auch (im Rahmen meiner Möglichkeiten). ;-) Ich sehe die Kirchenmusik nicht als Dienerin, die sich den Marotten der Kleriker anzupassen hat, sondern als integralen Bestandteil des Gottesdienstes. Ich kann mit guter Musik einen Gottesdienst retten, auch wenn die Predigt mies ausgefallen ist. Schlechte Kirchenmusik verdirbt den Gottesdienst, da nützt eine gute Predigt nur wenig.