Physis-Orgeln besitzen in der aktuellen Software-Version (1.14.20) neben den 18 vorprogrammierten Stimmungen (wobei ich die gleichstufige "Normalstimmung" jetzt mitgezählt habe) 4 Speicherplätze für frei programmierbare, "eigene" Stimmungen, die man im Tuning-Menü in der Reihenfolge nach den 18 vorprogrammierten Stimmungen unter den Namen "Custom 1" bis "Custom 4" findet.

Nachdem ich immer schon eine Neidhardt-Stimmung auf meiner Physis-Orgel haben wollte, die sich leider nicht unter den vorprogrammierten Stimmungen findet, habe ich heute ein Experiment gestartet:
Warum also nicht einfach selbst eine Neidhardt-Stimmung programmieren ?
Ich benutzte dafür diese Stimmungstabelle, die dankenswerterweise von unserem Forianer emsig im Thread Geschichte der musikalischen Temperatur verlinkt wurde.

Die 4 "Custom"-Stimmungen, die zunächst (in der Werkseinstellung) alle gleichstufig sind, lassen sich ganz leicht editieren, in dem man mit den "Field"-Tasten eine Stimmung anwählt und dann auf "Enter" drückt:
Nun öffnet sich eine Tabelle, in der die Cent-Abweichungen (bezogen auf die gleichstufige Stimmung) für alle 12 Töne angezeigt werden, die natürlich zunächst einmal alle auf 0 eingestellt sind.
Nun kann man mit den "Field"-Tasten die einzelnen Töne anwählen und mit den "Value"-Tasten den Wert der Cent-Abweichung von -32 bis +31.5 für jeden der 12 Töne einstellen, allerdings nur in 0.5-Cent-Schritten.
Das bedeutet, dass man Werte wie z.b. 5.865 (C bei der Stimmung "Neidhardt Große Stadt") nicht ganz genau einstellen kann, man muss also in diesem Fall auf 6.0 aufrunden. (Okay, da kann man nichts machen, mehr schafft Physis zur Zeit eben nicht.)
Das hielt mich jedoch nicht davon ab, mein Experiment durchzuführen:

Ich brauchte nur wenige Minuten, um alle Werte der Stimmung "Neidhardt Große Stadt" entsprechend zu runden und diese annähernden Werte in der Stimmungstabelle einzustellen und schon hatte ich meine gewünschte "Neidhardt Große Stadt"-Stimmung fertig, wenn auch mit den bereits erwähnten technisch bedingten kleinen Abweichungen. 🤩
Das Resultat ist eine ungleichschwebende Temperatur, wie sie von Johann Georg Neidhardt mit der Intention entwickelt wurde, alle Tonarten spielen zu können.
Sogar exotische Tonarten wie Fis-Dur sind damit noch spielbar und doch klingen sie nicht alle gleich, jede Tonart hat ihren eigenen Charakter.
Vor allem hochbarocke Orgelliteratur klingt mit dieser Stimmung sehr gut und authentisch, bei klassischer Literatur wie z.b. Albrechtsberger bevorzuge ich hingegen die gleichstufige Temperatur.

Eines habe ich allerdings noch nicht geschafft:
Ich würde nun gern die von mir editierte Stimmung von "Custom 1" auf "Neidhardt" umbenennen, auf USB speichern und hier uploaden, sodass auch die anderen Physis-User dieses Forums die Stimmung auf ihre Orgeln übertragen und nutzen können. Aber wie geht das ? 🤔
Die 4 "Custom"-Stimmungen scheinen in der File-Liste der Orgel leider nicht auf.
Deshalb brauche ich jetzt euren Rat, wenn es mit einer "Stimmungs-Tauschbörse", die ich in diesem Forum gern realisieren würde, was werden soll.
Was sagen meine Physis-Kollegen in diesem Forum ?
Wie kann ich die von mir erstellte Stimmung 1. umbenennen und 2. auf USB speichern ?

Danke für die schnelle und fundierte Antwort, unter diesen Umständen kann ich nur auf die 2 im bereits oben verlinkten Thread "Geschichte der musikalischen Temperatur" von emsig verlinkten Stimmungstabellen verweisen, die ziemlich umfangreich sind.
Dass man die Namen "Costum 1-4" nicht ändern kann, finde ich etwas schade, aber da kann man wohl nur optimistisch auf ev. zukünftige Physis-Updates warten.

Okay, die neue set-Datei kommt bestimmt, wenn auch nicht gleich, denn ich werde noch 3 andere Stimmungen programmieren und meine 4 Intonations-Styles überarbeite ich auch gerade wieder ganz nebenbei und es ist momentan kein so baldiges Ende in Sicht.

Welche 3 Stimmungen ich da noch hineinpacke, das überlege ich gerade.🤔 Die Auswahl in der Stimmungstabelle ist ja riesengroß !
Ich habe z.b. gar nicht gewusst, dass es nicht nur eine, sondern gleich 3(!) gleichstufige Stimmungen gibt:
1. Reine Oktave (Also das, was wir alle als "Normalstimmung" kennen.)
2. Reine Quarte
3. Reine Quinte

Ich glaube, die letztgenannte würde mich fast am meisten reizen, bin schon gespannt, wie sowas klingt !
Wobei ich mich (bzw. euch) gerade frage: Sind die Oktaven nicht zwangsläufig in JEDER Stimmung rein ?
Man stimmt ja bei einer Physis-Orgel nicht die gesamte Klaviatur und jeden Ton anders (Würde ja auch grauenvoll klingen ! 😃), sondern nur die 12 Töne, die dann für alle Oktaven gelten. Somit müssen doch die Oktaven immer rein sein oder wie seht ihr das ?

Okay, das bestätigt meine Meinung, dann ist mit der Angabe "Reine Oktave" bei der 1. Stimmung in der oben verlinkten Tabelle wohl gemeint: NUR die Oktaven sind rein.
Aber ist dann die Bezeichnung "Gleichstufige Stimmung, Reine Quarte" bzw. "Gleichstufige Stimmung, Reine Quinte" nicht ein Widerspruch ?
Wenn Quinten oder Quarten rein gestimmt sind, dann kann die Stimmung doch nicht mehr gleichstufig sein, sondern ist bereits ungleichschwebend.
Und nachdem Quarten nichts anderes als umgekehrte Quinten sind, müssen doch bei reinen Quarten auch zwangsläufig die Quinten rein sein und umgekehrt.
Oder wie seht ihr das ?

Ich habe übrigens gestern die "gleichstufige Stimmung mit reinen Quinten" anhand der Tabelle nachgebildet, damit mein Lieblingsstück, das Albrechtsberger-Präludium in D-Dur gespielt und siehe da, es hat für mich NICHT gleichstufig geklungen, da waren bei den verminderten Akkorden leicht herbe Klänge dabei, wie ich sie nur von ungleichschwebenden Stimmungen her kenne.

Oder habe ich die Bezeichnungen dieser Stimmungen falsch verstanden ? 🤔