Die Rysumer Orgel ist ein Erlebnis. Ich habe schon sehr oft auf ihr gespielt, Gottesdienste begleitet und Orgelführungen angeboten. Die Grundstimmen stammen zwar aus gotischer Zeit, dennoch präsentiert sich die Orgel heute als Instrument der Renaissance. Ursprünglich als Blockwerk angelegt erinnert heute noch der Hebel über dem Notenpult daran, dass es zunächst nur die Möglichkeit gab, den Prinzipal 8' allein zu spielen, ansonsten erklang das volle Werk. Spätere Umbauten machten dann die einzelnen Register spielbar. Besonders beachtenswert ist die knatternde Trompete, allerdings eine Rekonstruktion von Arend. Vorbild ist die Trompete der Orgel in Uttum, eines der ältesten erhaltenen Zungenregister überhaupt. Ich kann einen Besuch Ostfrieslands nur immer wieder wärmstens empfehlen. Die Orgellandschaft ist einmalig. Vor ein paar Wochen war ich noch da und konnte ausgiebig die Edo-Evers-Orgel in Osteel bespielen. Ein Instrument von 1619, fast vollständig erhalten und ebenfalls von Arend vorbildlich restauriert.
Orgeln mit gotischer Klangsubstanz und (nicht NEU-)gotischem Gehäuse sind natürlich besondere Raritäten. Der erwähnte Hebel für den Prinzipal ist im 2., kurzen Video gut zu sehen. Ist der Prinzipal 8´ eigentlich nur über diesen Hebel registrierbar und nicht als Registerzug ausgeführt ?
Zitat von MAT im Beitrag #2Ich habe schon sehr oft auf ihr gespielt, Gottesdienste begleitet und Orgelführungen angeboten.
Gottesdienste und Literatur stell´ ich mir mit dem eingeschränktem Tonumfang schwierig vor, v.a. wenn man gewohnt ist, mit Pedal zu spielen. Adaptierst du die GL-Sätze dafür oder spielst du eigene Sätze ? Was spielt man auf so einer Orgel zur Kommunion und als Postludium ? Hast du dafür spezielle Literatur im Repertiore oder improvisierst du dann ?
Die Sätze aus dem Gesangbuch harmonisiere ich frei, unter Berücksichtigung der mitteltönigen Stimmung. Meistens improvisiere ich ansonsten so, dass es zur Orgel passt.
Zitat von Romanus im Beitrag #3Orgeln mit gotischer Klangsubstanz und (nicht NEU-)gotischem Gehäuse sind natürlich besondere Raritäten. Der erwähnte Hebel für den Prinzipal ist im 2., kurzen Video gut zu sehen. Ist der Prinzipal 8´ eigentlich nur über diesen Hebel registrierbar und nicht als Registerzug ausgeführt ?
Zitat von MAT im Beitrag #2Ich habe schon sehr oft auf ihr gespielt, Gottesdienste begleitet und Orgelführungen angeboten.
Gottesdienste und Literatur stell´ ich mir mit dem eingeschränktem Tonumfang schwierig vor, v.a. wenn man gewohnt ist, mit Pedal zu spielen. Adaptierst du die GL-Sätze dafür oder spielst du eigene Sätze ? Was spielt man auf so einer Orgel zur Kommunion und als Postludium ? Hast du dafür spezielle Literatur im Repertiore oder improvisierst du dann ?
Da gibt es doch mehr als genug Literatur. Speziell würde ich das nicht nennen. Natürlich kann man etwas aus dem ganz frühen Repertoire nehmen: Codex Faenza, Robertsbridge Codex, Paumann, Hofheimer, Kleber. Aber auch Renaissancemusik und Frühbarock klingen sehr gut: Merulo, Luzzaschi, Frescobaldi, Rossi, Storace, Pasquini, Gabrieli oder eben auch Kerll, Froberger, Muffat (mit Einschränkungen), Sweelinck, Cornet, van Noordt. Plus die anonymen Tabulaturbücher, die es so gibt. Das ist jetzt nur das, was mir auf Anhieb einfällt. Für's LO ist man tatsächlich besser beraten, nicht aus den Orgelbüchern zu spielen, egal ob kath. oder ev.
Zitat von Axel im Beitrag #7Für's LO ist man tatsächlich besser beraten, nicht aus den Orgelbüchern zu spielen, egal ob kath. oder ev.
Wenn du die evangelischen und die katholischen Orgelbücher nebst ihren Regionalteilen übereinanderstapelst, dürfte es dir schwerfallen, diese mit so einem gelernten Sätzchen vom Tisch zu wischen, allein schon wegen ihres Gewichts. Aber Spaß anbei, was, nach deinem Verständnis, ist denn Sinn und Zweck, oder besser: das Ziel von "lO", dem liturgischem Orgelspiel ?
There is exactly one more chip in ya digital pipe organ working against you as you would expect to be.
Zitat von Axel im Beitrag #7Für's LO ist man tatsächlich besser beraten, nicht aus den Orgelbüchern zu spielen, egal ob kath. oder ev.
Wenn du die evangelischen und die katholischen Orgelbücher nebst ihren Regionalteilen übereinanderstapelst, dürfte es dir schwerfallen, diese mit so einem gelernten Sätzchen vom Tisch zu wischen, allein schon wegen ihres Gewichts. Aber Spaß anbei, was, nach deinem Verständnis, ist denn Sinn und Zweck, oder besser: das Ziel von "lO", dem liturgischem Orgelspiel ?
Also hier bezog es sich tatsächlich erstmal auf Orgeln wie Rysum. Diese Bücher sind weder für rudimentäres Pedal, noch für kurze Oktave oder mitteltönige Stimmung gemacht. Grundsätzlich kann man aber natürlich schon Kritik an den Orgelbuchsätzen üben. Manche sind okay, andere eher wenig inspiriert oder stilistisch wenig passend. An anderen Stellen passieren üble Satzfehler, leider bei den neueren Büchern immer mehr. Handwerklich solide ist irgendwie nicht mehr in. Andere Stellen sind vielleicht wenig geeignet, die Gemeinde sicher zu führen oder helfen textlich nicht so. Nach meinem Eindruck liegt bei den neuen Büchern vieles in enger Lage. Wenn der Abstand zwischen T und B zu groß wird, klingt es immer verstimmt. Das sind nur einige Punkte, wo man ansetzen könnte. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, bist du EB Köln? Da sind ja einige Sätze im neuen Anhang unglaublich schlecht. Als der herauskam, habe ich mal aus Spaß den Korrekturstift angesetzt... Also unter LO verstehe ich natürlich eine angemessene Führung des Gemeindegesangs. Dazu gehört ein passendes Vorspiel genauso wie eine rhythmisch saubere Begleitung. Gleichzeitig möchte ich nicht bei 5 Strophen 5x denselben Satz hören, möglicherweise immer mit demselben harmonischen Gag. Und dann ist es ja auch eine Art Predigt mit Tönen: Der Charakter muss passen und ist möglicherweise in den einzelnen Strophen unterschiedlich.