Da fällt mir ein: Dürfen wir das Stück hier eigentlich öffentlich teilen, ist es gemeinfrei ? 🤔 Ja, wir dürfen, denn der Komponist hat es hier selbst online gestellt !
Zitat von Harmonist im Beitrag #17Für mich ist diese Caccini unterschobene Musik eines russischen Gitarristen einfach nur Kitsch und gehört überhaupt nicht in einen Gotttesdienst.
Wo ist die Grenze zwischen Kitsch und Kunst ? Kann es eine allgemein gültige Grenze überhaupt geben oder ist diese nicht vielmehr individuell ?
Es gibt nun ganz unterschiedliche Definitionen von Kitsch. Ein Argument könnte das Epigonale sein. Die bloße Imitation von schon Dagewesenem, die jegliche Originalität vermissen lässt und sich abgegriffener Floskeln bedient. Im besten Fall entsteht dabei Kunsthandwerk statt Kunst, im schlechtesten Kitsch. Ein weiterer Aspekt ist der kritiklose Selbstgenuss, der unter Ausblendung des wirklichen Lebens eine Illusion des vermeintlich Schönen bietet. Man denke an Postkarten mit Sonnenuntergängen, die eben nur nette Farben zeigen und beim Betrachter den Wunsch hervorrufen, dort zu sein, obwohl zum Zeitpunkt der Fotografie möglicherweise eine ungemütliche Temperatur von -5° geherrscht hat. Ein weiterer Punkt ist die Vermassung statt Individualisierung. Da kommen mir die gerahmten Poster bei Ikea in den Sinn, die einem versprechen, das Wohnzimmer individuell zu gestalten. In Wirklichkeit wird es nur an tausende andere Wohnzimmer angeglichen.
Zitat von Axel im Beitrag #24Es gibt nun ganz unterschiedliche Definitionen von Kitsch. Ein Argument könnte das Epigonale sein. Die bloße Imitation von schon Dagewesenem, die jegliche Originalität vermissen lässt und sich abgegriffener Floskeln bedient. Im besten Fall entsteht dabei Kunsthandwerk statt Kunst, im schlechtesten Kitsch.
Also nach dieser Definition ist auch Johann Ludwig Krebs´ Toccata und Fuge a-Moll keine Kunst, sondern bestenfalls Kunsthandwerk, weil sich dieses (in meinen Ohren geniale) Werk nicht nur stilistisch, sondern sogar motivisch unüberhörbar an 2 große und bekannte Bach-Orgelwerke anlehnt.
Wer kann sagen, dass es "keine Kunst" ist, wie Bach zu komponieren ? Wenn das jeder könnte, gebe es noch viel mehr geniale Orgelstücke, auch zu moderneren Themen. Nach dieser Definition wäre übrigens praktisch alles schönklingende, was nach 1940 komponiert wurde, keine Kunst mehr. Man kann doch nicht immer das Rad bzw. die Tonleiter neu erfinden und wenn man das heute noch versucht, kommt dabei meist nichts Angenehmes heraus, zumindest nicht für meinen Geschmack.
Es gibt eine Anforderung an Kunst, die im Gegensatz zu Kitsch verlangt, dass vom Kunstwerk Originalität erwartet wird; man nennt das auch den Innovationszwang der Kunst. Wenn man diesen - gewiss sehr strengen - Massstab anlegt, dann würde möglicherweise die angesprochene Komposition von Krebs „durchs Raster fallen“; ob man damit jedoch seinem Schaffen und seiner Kreativität wirklich gerecht wird, wage ich zu bezweifeln.
Man sollte also nicht nur einen Massstab anlegen, sondern weitere Kriterien überprüfen, zum Beispiel, ob übertriebene Sentimentalität oder ausgesprochene Trivialität zu konstatieren sind. Auch da dürfte das Schaffen von Johann Ludwig Krebs ziemlich klar als Kunst einzustufen sein. Ausserdem hat ihn Johann Sebastian Bach deutlich „geadelt“.
Ja, das könnte man bei diesem Stück von Krebs mit Recht einwenden. Kitsch ist nun eher ein Begriff aus der Romantik, übermäßige Gefühlsduseligkeit wird man ihm sicher nicht vorwerfen können, aber originell ist das Stück nun nicht. Ich habe gerade eine Krebs CD im Auto gehört, wo es dabei war, aber hast Du es schon mal im Konzert gehört? Ich in 35 Jahren ziemlich sicher nicht. Das spielt halt dann doch keiner, weil man dann lieber gleich den Bach übt.
Und eine Stilkopie zu schreiben, lernt man im Musikstudium. Ob die dann besser oder schlechter ist, sei mal dahingestellt. Aber damit ist eben als Komponist wie als Dichter nichts zu holen. Keiner nimmt einen Schriftsteller ernst, der heute noch im Stil von Goethe schreibt.
Und nach 1940 würde ich tendenziell als nach 1920 sehen. Kann man nach der Abschaffung der Tonalität noch tonal komponieren (das meintest Du vermutlich?)? Schwer, wenn man nicht ins Floskelhafte verfallen will. Hindemith hat es geschafft und auch theoretisch gut begründet.
Eine weitere, schöne Interpretation von Gaël Liardons Prélude pour M., die mir noch besser gefällt als die oben verlinkte von Ralph Loiij, auch vom Instrument her, gespielt auf einer interessanten Orgel mit Subsemitonien, die historisierend im Stil einer spanischen Barockorgel gebaut wurde:
Mir gefällt das Stück noch immer nicht. Man muss allerdings bei Righetti neidlos anerkennen: Orgelspielen kann er. Das ist doch auch ein wunderbarer Beitrag zur Debatte mit der mechanischen Traktur. Ich finde weniger im Anschlag, sondern in der Absprache. Da sieht man sehr schön, wie er Töne mit einem decrescendo herausnimmt.
Zitat von Axel im Beitrag #29... Das ist doch auch ein wunderbarer Beitrag zur Debatte mit der mechanischen Traktur. Ich finde weniger im Anschlag, sondern in der Absprache. ...
Bei langsamem Spiel mit einem Register ...so ähnlich stand es auch hier